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Okuläre Manifestationen des Marfan-Syndroms – morphologische Befunde
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Veröffentlicht: | 2. Dezember 2016 |
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Hintergrund: Das Marfan Syndrom (MFS) ist eine hereditäre Bindegewebserkrankung mit kardiovaskulären, skelettalen und okulären Manifestationen, die durch Mutationen im Fibrillin 1-Gen (FBN1) versursacht werden. Die Subuxation der Linse (Ectopia lentis - EL) ist ein diagnostisches Kriterium für das MFS, es sind aber zusätzliche okuläre Manifestationen beschrieben. Wir untersuchten retrospektiv die im Rahmen der interdisziplinären Marfan-Sprechstunde der Charité erhobenen Befunde in Hinblick auf die Prävalenz morphologischer okulärer Pathologien bei MFS Patienten.
Methodik: Die Diagnose MFS wurde anhand der Gent-2 Nosologie von 2010 gestellt. Als Kontrollgruppe dienten Patienten, bei denen keine Bindegewebserkrankung diagnostiziert wurde. In diese Studie wurden 285 Patienten und 267 Kontrollen eingeschlossen, deren Akten retrospektiv ausgewertet wurden. Alle Patienten und Kontrollen erhielten eine umfassende ophthalmologische Untersuchung inklusive Funduskopie in Mydriasis. Neben der ophthalmologischen wurde eine kardiologische und orthopädische Untersuchung und in vielen Fällen auch eine Genanalyse vorgenommen.
Ergebnisse: Pathologien der Lider, Bindehaut und Hornhaut fanden sich bei MFS Patienten und Kontrollen selten. Transilluminationsdefekte der Iris (TDI) wurden bei 27,4% der MFS Patienten und 9,2% der Kontrollen (Odds Ratio für MFS bei Vorliegen einer TDI: 3,7, KI 2,3-6,1) gefunden. Irisscholottern (Iridodonesis) fand sich nur bei MFS Patienten (3,6%). Auch eine EL wurde ausschließlich bei MFS Patienten dokumentiert (35,5%), am häufigsten nach superior, aber auch in andere Richtungen. MFS Patienten waren signifikant häufiger aphak (5,1%) oder pseudophak (7,9%) als Kontrollen (aphak: 0%, pseudophak: 0,4%). Vergleichbare Prävalenzen gab es bei Linsentrübungen: 8,7% der MFS Patienten und 6,1% der Kontrollen hatten eine Katarakt. Während bei MFS Patienten und Kontrollen pathologische Befunde der Sehnervenpapille und der Makula selten waren, fand sich ein Zustand nach Netzhautablösung (RD) bei MFS Patienten (3,7%) signifikant häufiger als bei Kontrollen (0,8%), die Odds Ratio lag bei 2,8, (KI 1,0-22,2). Auch nicht näher definierte periphere Netzhautdegenerationen waren bei MFS Patienten (4,9%) häufiger als bei Kontrollen (1,7%). Glaukom und Glaskörperveränderungen fanden sich in beiden Gruppen mit vergleichbarer Häufigkeit.
Schlussfolgerung: Neben der EL als diagnostischem Kriterium finden sich bei MFS Patienten insbesondere Transilluminationsdefekte der Iris sowie ein Zustand nach Netzhautablösung häufiger als bei Kontrollen. Periphere Netzhautdegenerationen kommen bei MFS Patienten öfter vor. Neben dem Stellenwert in der Diagnosestellung ist die augenärztliche Untersuchung bei MFS Patienten somit von großer Bedeutung, um etwaige Pathologien früh zu finden und somit die Therapiemöglichkeiten zu verbessern.