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Verbrennung und Kindesmisshandlung in Deutschland – was ist zu tun?
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Veröffentlicht: | 25. Juni 2008 |
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Das Recht der Kinder auf eine gewaltfreie Erziehung ist in Deutschland im Bürgerlichen Gesetzbuch festgeschrieben. Körperliche Bestrafung, seelische Verletzungen und andere entwürdigende Maßnahmen sind unzulässig. Bestimmte Formen der Misshandlung stehen unter Strafe nach dem Strafgesetzbuch.
Die nationale Kriminalstatistik 2005 weist mehr als 3000 angezeigte Straftaten mit Kindesmisshandlung aus. In Umfragen bei Jugendlichen <12 Jahren liegt die Dunkelziffer bei 1 Anzeige auf etwa 400 Fälle.
Hauptursache für Gewalt und Kindesmisshandlung ist eine Überforderung in Erziehungssituationen.
Auch Verbrennungen und Verbrühungen können Form der Gewaltanwendung sein. Misshandlungsbedingte Verbrennungen sind schwerwiegender und haben eine deutlich höhere Mortalität (30%) als unfallbedingte Verbrennungen (2%) und ein signifikant höheres Risiko schwerwiegender posttraumatischer emotionaler Störungen.
Bei Unfällen gibt es nahezu immer eine Erklärung des Unfallgeschehens, bei Misshandlungen fehlt sie in etwa 40%. Unpassende, unpräzise, vage oder fehlende Erklärungsmuster sind sehr verdächtig. Verbrennungsmuster und Lokalisation sind von größter Bedeutung bei der Erkennung einer möglichen Kindesmisshandlung. Verbrennungen machen 10% aller Symptome bei Misshandlungen aus. Typisch für diese Verletzungen sind regelmäßige Wundränder bzw. Punktverbrennungen durch das Ausdrücken von Zigaretten. Hände und Füße werden als Strafe in heißes Wasser getaucht oder auf Herdplatten gepresst. Verbrennungen der Mundschleimhaut können die Folge von gewaltsamer Verabreichung von zu heißer Nahrung sein.
Die Diagnose einer Misshandlung erfordert von den Ärzten die Kenntnis gängiger akzidenteller und nicht-akzidenteller Verletzungsmechanismen. Auf dieser Basis können Ärzte dadurch einen wertvollen Beitrag zum Schutz des Kindes leisten. Die weitere Betreuung liegt in Deutschland in erster Linie nicht in ärztlicher Hand, sondern wird in der Regel durch das Jugendamt koordiniert. Die engmaschige ärztliche Kontrolle ist ein wichtiges Instrument zur Verlaufskontrolle eines multidisziplinären langfristigen Betreuungsprozesses einer Familie und zur rechtzeitigen Erkennung, ob das Konzept versagt und um weiteren Schaden vom Kind abzuwenden.