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Verbrühungen von hilfsbedürftigen Personen durch Dritte – (k)eine Seltenheit?
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Veröffentlicht: | 25. Juni 2008 |
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Einleitung: Verbrühungen von geistig oder körperlich Behinderten durch pflegende Personen zu Hause oder im Heim sind eine oft bagatellisierte und folgenlose Straftat. Vor allem im Bereich der weniger schweren Verbrühungen, die keine Behandlung im Krankenhaus benötigen, ist von einer hohen Dunkelziffer auszugehen. Die von uns versorgten, großflächig verbrühten Patienten sind vermutlich nur die Spitze eines Eisbergs unbekannten Ausmaßes. Ziel dieser Untersuchung war es daher Häufigkeit, Ursachen, Verlauf und Outcome dieser Patientengruppe genauer zu evaluieren.
Material und Methode: In einer klinischen retrospektiven Studie wurden die Krankenakten aller Patienten evaluiert, die mit Verbrühungen durch Dritte im Zeitraum von 01.01.2000 bis 31.08.2006 in unserer Abteilung behandelt wurden. In der Anamnese musste klar eine Behinderung des Patienten mit Pflegebedürftigkeit sowie ein Verschulden der pflegenden Person vorliegen.
Ergebnisse: Von insgesamt 58 Verbrühungen, die in diesem Zeitraum aufgenommen wurden, trafen diese Einschlusskriterien auf 16 Patienten (27,6%) zu. Das mittlere Alter lag bei 65 Jahren, das Ausmaß der verbrühten Körperoberfläche betrug im Mittel 30%, der ABSI Score lag im Mittelwert bei 8. Die durchschnittliche Behandlungsdauer dieses Patientengutes betrug 25 Tage. Insgesamt verstarben 8 von 16 Patienten womit sich eine Mortalitätsrate von 50% ergibt. In zwei Fällen wurde ein zivilrechtliches Verfahren eingeleitet.
Schlussfolgerung: Großflächige Verbrühungen behinderter Personen durch Dritte zeigen eine hohe Mortalitätsrate und finden dennoch wenig Beachtung. Beinahe ein Drittel der in unserer Abteilung behandelten großflächigen Verbrühungen sind die Folge einer Verletzung der Aufsichts und Fürsorgepflicht an hilfsbedürftigen Menschen. Zu einer strafgerichtlichen Verurteilung wegen fahrlässiger Körperverletzung kommt es nur in einem Minimum der Fälle, da im deutschen Rechtssystem die schwierige Beweisführung meist zur Einstellung der Verfahren führt.