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Kapillarmikroskopische Veränderungen beim Susac Syndrom und der Multiplen Sklerose
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Veröffentlicht: | 4. September 2017 |
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Einleitung: Die 1979 von JO Susac erstmals als Mikroangiopathie des Gehirns und der Retina beschriebene Erkrankung (Susac) zeichnet sich durch eine Enzephalopathie, retinale Arterienastverschlüsse und Schwerhörigkeit aus. Ihr Verlauf ist monophasisch, rezidivierend oder chronisch persistierend. Besserung werden spontan oder auf Immunsuppression, insbesondere Steroide beschrieben. Bislang galt die Erkrankung eher als Differentialdiagnose der Multiplen Sklerose (MS) [1].
Pathogenetisch wurden inzwischen IgG1 anti-Endothelzell-Antikörper, Ablagerung von Komplement, eine Verdickung des Endothels und perivaskuläre lymphozytäre Infiltrate gesichert, auch in der Haut. Eine Präferenz des weiblichen Geschlechtes (3:1) und ein Manifestationsalter vom 20.-40. Lebensjahr legen eine Überlappung zu Kollagenosen, insbesondere dem Systemischen Lupus Erythematodes (SLE) nahe.
Methoden: Zum besseren Verständnis der Erkrankung wurde ein europäisches Susac Research Collaboration gegründet, umfassende klinische Daten der in den betreuenden Zentren dokumentierten Patienten gesammelt. In diesem Rahmen wurden auch standardisiert kapillarmikroskopische Bilder gewonnen, die nachfolgend geblindet mit einer parallel gewonnenen Stichprobe von Patienten mit MS befundet wurden. Die Daten wurden anschließend mit in gleicher Technik vom gleichen Untersucher erhobenen Befunden aus einer großen Normalpopulationskohorte (NP) und einer großen SLE-Kohorte verglichen.
Ergebnisse: Das Susac Syndrom ist sehr selten, weltweit wurden bisher 304 Fälle, in Mitteleuropa 35 beschrieben [2]. Auswertbare Bilder lagen von 14 Susac Patienten, 26 MS Patienten, 116 SLE Patienten und 754 Probanden aus der NP vor.
Die MS-Patienten zeigten kaum kapillarmorphologischen Unterschiede zur NP während Susac Patienten vermehrt Kaliberschwankungen (NP 0,7%, MS 1,2%, SUSAC 16,1% und SLE 27,5% der Kapillaren), Ektasien (NP 0,3%, MS 1,5%, SUSAC 6,0% und SLE 18,3% der Kapillaren), Verzweigungen (NP 2,5%, MS 5,3%, SUSAC 10,4% und SLE 19,4% der Kapillaren) und Elongationen (NP 1,6%, MS 4,4%, SUSAC 17,8% und SLE 13,4% der Kapillaren) aufwiesen. Das Muster ähnelt dem SLE in der Verteilung, war aber deutlich geringer ausgeprägt.
Gleichermaßen zeigten SLE, MS und Susac Patienten eine deutlich im Vergleich zur NP gestörte Kapillarfüllung (NP 14,1%, MS 66,0%, SUSAC 67,5% und SLE 43,5% der Untersuchten), während ein deutlich gesteigertes Sludge-Phänomen (NP 18,8%, MS 8,3%, SUSAC 19,3% und SLE 66,8% der Untersuchten) und eine Dichteminderung (NP 2,3%, MS 0,6%, SUSAC 2,4% und SLE 38,4% der Finger) beim SLE Signifikanz zeigte.
Schlussfolgerung: Das Susac Syndrom ist eine seltene antikörpervermittelte Systemerkrankung mit führender ophthalmologischer und neurologischer Manifestation, die auch an der Nagelfalz zu kollagenoseähnlichen Veränderungen führt und sich hierin deutlich von der MS unterscheidet.
Die Kapillarmikroskopie kann einen Beitrag zum Verständnis und zur Einordnung auch sehr seltener Erkrankungen beitragen. Insbesondere standardisierte geblindete Untersuchungen mit Kontrollbildern ermöglichen objektivere Beurteilungen.