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Großgefäßvaskulitis als Erstmanifestation einer rezidivierenden Polychondritis
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Veröffentlicht: | 5. Februar 2019 |
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Vorgeschichte: Ein heute 34-jähriger männlicher Patient stellte sich erstmals vor 5 Jahren vor mit ausgeprägter Allgemeinsymptomatik, Fieber >39°C, Gewichtsverlust (>10% in 3 Monaten) und Nachtschweiß. Eine deutliche Akut-Phase-Reaktion (CRP wiederholt >250 mg/L, Sturzsenkung über Wochen) und der Nachweis einer ausgedehnten Großgefäßvaskulitis mit Beteiligung von Aortenbogen, Truncus brachiocephalicus, der linken A. carotis communis und der linken A. subclavia in der MRT-Angiographie führte nach breiter, insbesondere infektiologischer Differentialdiagnostik (u.a. TBC & atyp. Mykobakterien, Syphilis, HIV) zur Diagnose einer Großgefäßvaskulitis (a.e. Takayasu). Hochdosierte intravenöse Glukokortikoidtherapie führte zu klinischem und laborchemischem Ansprechen, jedoch nicht zu kompletter Remission. Im Verlauf konnte Prednisolon nicht <50 mg/Tag p.o. reduziert werden, ohne erneutes Auftreten von Symptomen und CRP-Anstieg. Trotz intensivierter immunsuppressiver Therapie mit sequentiell Cyclophosphamid, Methotrexat/Abatacept zeigte sich die Vaskulitis progredient mit persistierender Inflammation und Ausbildung eines rupturgefährdeten Aneurysmas der Aorta ascendens, welches mittels Dacron-Prothese versorgt wurde. In der Folge ließ sich die Erkrankung mit fortgeführter Steroidtherapie (10-20 mg/Tag) und Tocilizumab stabilisieren, ohne jedoch eine komplette Remission zu erreichen.
Leitsymptome bei aktueller Vorstellung: Fieber, Kopfschmerzen, linksseitige Halsschmerzen, Reizhusten, Sehstörungen am linken Auge. Erstmalig massive schmerzhafte Rötung und Schwellung des linken Ohrs mit Aussparung des Ohrläppchens. Nasen- und Schildknorpel klinisch unauffällig. Kardiopulmonal unauffälliger Befund.
Diagnostik: Labor: Leukozyten 8,86Tsd/µl, CRP<3 mg/L (Tocilizumab!), Kreatinin 1,27 mg/dL, ANA, ANCA, Rheumafaktor, C3/C4/C3d, Immunglobuline/IgG-Subklassen unauffällig. MRT-Angiographie (Aorta, abgehende Arterien, Schädelarterien) mit stabilem Befund der Großgefäßvaskulitis. Biopsie Ohrmuschel: granulierende Entzündung des Ohrknorpels, passend zu einer Polychondritis. Lungenfunktion ohne pathologischen Befund. Augenärztlicher Befund vereinbar mit milder/abgelaufener Skleritis. HLA-B27 negativ. Serologischer HBV- und HCV-Status negativ. Quantiferon-Test negativ.
Diagnose: Rezidivierende Polychondritis mit sekundärer Beteiligung des Ohrknorpels bei primärer Manifestation mit hochentzündlicher Großgefäßvaskulitis.
Therapie: Beginn hochdosierter Steroidtherapie i.v. ohne Ansprechen innerhalb von 3 Tagen. Beginn einer Therapie mit TNF-alpha-Blocker (Adalimumab) 40 mg s.c. alle 14 Tage. Tapering der oralen Glukokortikoidtherapie auf 5 mg/Tag innerhalb von 8 Wochen.
Weiterer Verlauf: Rasche klinische Verbesserung innerhalb von 5 Tagen nach Beginn der TNF-α blockierenden Therapie. Erstmals deutliche Reduktion der Steroiddosis auf <5mg/Tag möglich. Mittlerweile seit 12 Wochen stabiler Verlauf ohne serologische oder klinische Zeichen von Krankheitsaktivität. Insbesondere der hochentzündliche und therapierefraktäre Verlauf der Großgefäßvaskulitis bei einem jungen Patienten sowie dann das rasche und hervorragende Ansprechen auf einen TNF-α-Blocker, machen die Großgefäßvaskulitis als Primärmanifestation einer Polychondritis wahrscheinlicher als eine Koinzidenz beider Erkrankungen.