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Spiegelt sich die kombinierte Anteversion von Pfanne und Schaft anhand gegenwärtiger Definitionen in einer besseren Funktionalität des künstlichen Hüftgelenkes wider?
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Veröffentlicht: | 5. Oktober 2015 |
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Fragestellung: Für das postoperative Bewegungsausmaß und ein symmetrischen Gangbild nach Implantation einer Hüfttotalendoprothese (HTEP) ist die Implantatposition von entscheidender Bedeutung. In der orthopädischen Literatur der letzten drei Jahrzehnte wurden bislang acht unterschiedliche Zielbereiche für die kombinierte Stellung von Prothesenpfanne und -schaft im sogenannten Konzept der "kombinierten Anteversion" beschrieben. Der Großteil davon beruht auf biomathematischen Berechnungen. In der vorliegenden Arbeit wurde der Einfluss bislang bekannter Zieldefinitionen im Konzept der kombinierten Anteversion auf die postoperative Funktionalität nach HTEP untersucht.
Methodik: Im Rahmen einer prospektiven Studie erfolgte bei 60 Patienten die Implantation einer zementfreien HTEP. Sechs Wochen postoperativ wurde die Implantatposition auf Basis einer 3D-CT-Rekonstruktion durch ein externes Institut vermessen. Zu drei Zeitpunkten (präoperativ, sechs und zwölf Monate postoperativ) führte ein verblindeter Untersucher mit Hilfe des 3D-Motion-Capture Verfahren eine Ganganalyse durch. Zeitgleich wurden der Harris Hip Score (HHS), der Hip Osteoarthritis Outcome Score (HOOS) und der EuroQol (EQ-5D) erhoben. Acht Definitionen im Konzept der kombinierten Anteversion und die von Lewinnek beschriebene "Safe Zone" für die Pfannenposition wurden hinsichtlich ihrer Auswirkung auf das postoperative Hüftbewegungsausmaß, die Gehgeschwindigkeit und die Gangsymmetrie sowie im Resultat des HHS, HOOS und EQ-5D verglichen. Die statistische Beurteilung erfolgte mit deskriptiven Methoden, dem Mann-Whitney-U bzw. Chi-Quadrat Test auf einem nach Bonferroni adjustierten 5%/3 = 1,6% Signifikanzlevel.
Ergebnisse und Schlussfolgerung: Sechs Monate und ein Jahr postoperativ waren Bewegungsausmaß, Gehgeschwindigkeit und Gangsymmetrie für Patienten mit Implantatpositionen innerhalb der kombinierten Anteversion-Definitionen von Widmer, Ranawat, Dorr, McKibbin, Jolles, Merle, Hisatome und Yoshimine sowie der Pfannenposition nach Lewinnek ohne Unterschiede im Vergleich mit Patienten, deren Implantatpositionen außerhalb dieser Definitionen lagen. Innerhalb des ersten Jahres zeigten beide Gruppen eine vergleichbare Verbesserung der Ganglaborparameter mit einem Anstieg des Bewegungsausmaßes um durchschnittlich 50% und der Gehgeschwindigkeit um im Mittel 20% sowie der Entwicklung eines symmetrischen Gangbildes im Vergleich zur präoperativen Situation. Das klinische Ergebnis nach HTEP gemessen durch HHS, HOOS und EQ-5D war sechs und zwölf Monate postoperativ unabhängig von der Implantatposition gemäß der acht kombinierten Anteversion-Definitionen.
Keine der bislang in der orthopädischen Literatur publizierten Zieldefinitionen im Konzept der kombinierten Anteversion für die primäre Hüftendoprothetik zeigt im Ganglabor oder den Scores innerhalb des ersten Jahres eine funktionelle Überlegenheit. Zieldefinitionen im Kontext einer kombinierten Antetorsion sollten deshalb zukünftig die patientenindividuelle Weichteil-Situation grundlegend berücksichtigen.