Artikel
Schockraum – Leistungsfähigkeit in der Nacht
Suche in Medline nach
Autoren
Veröffentlicht: | 5. Oktober 2015 |
---|
Gliederung
Text
Fragestellung: ATLS, S3-Leitlinien und Weißbücher sollen eine immer gleichbleibende Qualität der Versorgung Schwerverletzter gewährleisten. Verschiedene Studien zeigen in Modellszenarien jedoch einen Konzentrationsabfall und eine physiologische Leistungsminderung des medizinischen Personals in der Nacht. Diese Studie soll die Frage direkt anhand der tatsächlichen klinischen Realität klären, ob das behandelnde Team nachts ebenso leistungsfähig ist wie tagsüber.
Methodik: Von 1226 prospektiv im Schockraum eines überregionalen Traumazentrums erfassten Patienten wurden 420 schwerverletzte Patienten in diese Studie eingeschlossen.
Einschlusskriterien waren ein ISS > 15 und das Eintreffen des Patienten im Schockraum in den Zeiträumen "TAG" (08:00 - 16:59 Uhr) oder "NACHT" (21:00 - 05:59 Uhr. Der Erhebungszeitraum betrug 75 Monate, wobei die Daten von einem hinzugerufenen Studienassistenten im 24h-Dienst direkt im Schockraum erfasst wurden.
Basis der Dokumentation war das TraumaRegister der DGU. Darüber hinaus wurden weitere 790 Variablen zur Beschreibung der Präklinik, des Schockraumverlaufes und der Intensivtherapie erhoben. Als Proxyvariablen für die Prozessqualität der Schockraumtherapie wurden die Interventionszeiten herangezogen.
Ergebnisse: Die Studienpopulation teilt sich in 268 Patienten am Tag und 152 Patienten in der Nacht auf. Die in der Nacht eintreffenden Patienten sind schwerer verletzt: ISS 34,9 (±16,4) vs. 31,1 (±14,2), p = 0,015 und jünger: 33,3 (±16,6) vs. 43,6 (±22,3) Jahre, p < 0,001. Die Prognose-Scores zur Überlebenswahrscheinlichkeit wie RISC, RISC2 oder TRISS unterscheiden sich dadurch jedoch nicht, p > 0,775. In Bezug auf die Prozessqualität unterscheiden sich die beiden Gruppen weder in der benötigten Zeit für einzelne Interventionen, wie z.B. die benötigte Zeit für einen arteriellen Zugang: NACHT 4,5 (±3,7) vs. TAG 5,0 (±3,7) min, p = 0,116 oder zur Extremitätenstabilisierung: 3,8 (±3,7) vs. 3,4 (±3,1) min, p = 0,922; noch in anderen Parametern, wie z.B. der Zeit bis zum CT: 26,9 (±11,2) vs. 26,6 (±14,5) min, p = 0,520, oder der Gesamtschockraumdauer: 63,8 (±30,6) vs. 64,8 (±29,4), p = 0,429. Hinsichtlich der Ergebnisqualität zeigte sich kein Unterschied im Outcome. So starben 17,8% der NACHT-Patienten (RISC-Prognose: 23,8%, SMR 0,74) während ihres Krankenhausaufenthalts, verglichen mit 18,3% der TAG-Patienten (RISC-Prognose: 24,0%, SMR 0,77), p = 0,894. Auch der Vergleich der Glasgow Outcome Scale offenbarte keinen Unterschied: NACHT 3,8 (±1,5) vs. TAG 3,8 (±1,6), p = 0,491.
Schlussfolgerung: Es ist wohl evident, dass die Leistungsfähigkeit des medizinischen Personals nachts reduziert ist. Jedoch können wir diesen Effekt anhand unserer Studienpopulation nicht verifizieren. Insofern ist sowohl die Prozess-, als auch die Ergebnisqualität - unabhängig von der Ankunftszeit des Patienten - auf einem konstanten Niveau. Sicherlich konnten die Maßnahmen zur Qualitätssicherung hierauf einen positiven Einfluss nehmen.