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Epidemiologie, Management und operative Versorgung von Gesichtsschädelfrakturen bei schwerverletzten Patienten
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Veröffentlicht: | 5. Oktober 2015 |
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Fragestellung: Präklinisch wie auch im Schockraum kann das Management von komplexen Gesichtsschädelverletzungen bei schwerverletzten Patienten durch eine Kompromittierung des Atemswegs oder durch kreislaufrelevante Blutungen zusätzlich erschwert sein. Daneben gilt es Begleitverletzungen des Sehorganes, insbesondere eine Kompromittierung des N. opticus, zu erkennen und diese Patienten bei entsprechender Indikation einer rekonstruktiven Behandlung durch die Mund-Kiefer-Gesichtchirurgie zuzuführen. Ziel dieser Untersuchung ist es die Häufigkeit dieser Verletzungen einzuschätzen und mögliche Schwierigkeiten beim Management dieser Verletzungen herauszustellen.
Methodik: Im Zeitraum 2011 bis 2013 wurden 623 Patienten mit einem Injury Severity Score (ISS) > 9 prospektiv in unsere Schwerverletztendatenbank eingeschlossen und retrospektiv ausgewertet. Von diesen Patienten wiesen 117 (18,8%) eine Gesichtsschädelfraktur auf. Bei den Patienten mit einem ISS >16 hatten diejenigen mit Gesichtsschädelfraktur einen Anteil von 20,2%. Von diesen Patienten hatten je 40 eine Mittelgesichts- und/oder Orbitafraktur, 34 eine Jochbeinfraktur, 29 eine Nasenbeinfraktur und 19 eine Unterkieferfraktur. 77,8% dieser Patienten wurden primär behandelt, die Übrigen nach auswärtiger Primärbehandlung in unsere Klinik verlegt. Die radiologische Diagnostik erfolgte mittels Dünnschicht-CT (2 mm Schichten) des Gesichtsschädels, das im Rahmen des Polytrauma-CTs mit durchgeführt wurde.
Ergebnisse und Schlussfolgerung: Das Durchschnittsalter, die Verletzungsschwere und Mortalität unterschieden sich bei den Patienten mit Gesichtsschädelfraktur im Vergleich zum Gesamtkollektiv nicht (47,3±23,3 vs. 46,8±22,0 Jahre; 24,6±13,1 vs. 23,0±12,8; 11,1% vs. 13,8%). Die Intubationsrate im Schockraum betrug bei den Patienten mit Gesichtsschädelfraktur 17,6% im Gegensatz zu einer deutlich geringeren Rate im Gesamtkollektiv mit 10,0%. Kein Unterschied zeigte sich bei den im Schockraum gemessenen Hämoglobin-Werten und der arteriellen Sauerstoffsättigung. Eine N. opticus Läsion mit Visusverlust lag bei 3,4% vor, wobei die Hälfte reversibel war. Ein operativer Eingriff war insgesamt bei 28,8% der Patienten erforderlich.
Mit bis zu 20% sind Gesichtsschädelfrakturen bei schwerverletzten Patienten relativ häufig anzutreffen. Die relativ hohe Intubationsrate bei schwieriger Atemwegssituation erfordert eine entsprechende Vorbereitung im Schockraum. Bei nahezu einem Drittel dieser Patienten ist eine operative Intervention erforderlich, weshalb eine enge interdisziplinäre Kooperation zu Kollegen der Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie gewährleistet sein muss.