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Einfluss der experimentellen systemischen Entzündung auf somatosensorische und viszerale Schmerzschwellen (ein Geschlechtervergleich)
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Veröffentlicht: | 5. Oktober 2015 |
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Fragestellung: Entzündungsprozesse gehen mit einer veränderten Schmerzsensitivität einher, wobei Frauen häufiger eine Chronifizierung von Schmerzen erleiden. Viele Erkenntnisse hierzu basieren jedoch auf tierexperimentellen Befunden und sind deswegen nicht uneingeschränkt auf den Menschen übertragbar. Aus diesem Grund wurde ein Sepsismodell am Menschen etabliert, bei dem Endotoxin (Lipopolysaccharid) i.v. eine transiente systemische Entzündungsreaktion induziert, die in Vorstudien eine Hypersensitivität für viszerale Reize bei gesunden Männern verursachte. Basierend auf tierexperimentellen und klinischen Befunden erwarten wir einen stärkeren Effekt einer experimentell induzierten Sepsis auf die somatosensorische und viszerale Schmerzwahrnehmung bei weiblichen Probanden.
Methodik: In dieser doppelblinden, randomisierten crossover Studie erhielten 20 gesunde männliche und 20 gesunde weibliche Probanden/innen an einem der beiden Studientage 0,4 ng/kg LPS (E.coli-Lipopolysaccharid/LPS/United States Pharmacopeia) i.v. und am zweiten Studientag das gleiche Volumen NaCl in ausbalancierter Reihenfolge. Zur Baseline sowie 1, 2, 3, 4 und 6h nach Injektion wurden die Vitalparameter gemessen und Blutproben genommen. Mittels Algometrie und Barostat wurden 2 h nach Injektion die individuellen somatischen und viszeralen Schmerzschwellen untersucht.
Ergebnisse: Erwartungsgemäß führte die Injektion von LPS zu einer akuten systemischen Entzündungsreaktion mit signifikanten, transienten Anstiegen in den Plasmakonzentrationen pro- und anti-inflammatorischer Zytokine (IL-6, TNF-alpha, IL-10) und der Körpertemperatur (je p<0,001). In Folge der LPS-Injektion waren sowohl die somatischen (Deltoideus, Trapezius, Wade und Rücken) als auch die viszeralen Schmerzschwellen signifikant erniedrigt (je p<0.05). Jedoch waren keine Geschlechterunterschiede in den LPS-Effekten auf die somatischen und viszeralen Schmerzschwellen zu beobachten.
Schlussfolgerung: Diese Studie untersuchte erstmals in einer Kohorte gesunder Probanden Geschlechterunterschiede im Einfluss einer systemischen Entzündungsreaktion auf die somatische und viszerale Schmerzsensitivität. Übereinstimmend mit der Literatur konnten wir eine höhere Sensitivität gegenüber Druckschmerzreizen bei Frauen dokumentieren. Jedoch ergaben sich entgegen unserer Hypothese keine Hinweise auf eine geschlechtsspezifische Reaktion auf den inflammatorischen Stimulus und somit keine geschlechtsspezifischen signifikanten Unterschiede. Demnach deuten unsere Daten daraufhin, dass zumindest im Rahmen einer akuten systemischen Immunaktivierung Frauen kein erhöhtes Risiko für eine stärkere Schmerzsensitivierung tragen.