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Die periprothetische Infektionen – Darstellung des Versorgungsalltags in deutschen Kliniken anhand einer Online-Fragebogenstudie im Vergleich zu den internationalen Leitlinien- und Konsensusempfehlungen
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Veröffentlicht: | 23. Oktober 2017 |
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Fragestellung: Aufgrund der älter werdenden Bevölkerung mit zunehmendem Funktionsanspruch der Patienten auch im höheren Lebensalter steigt die Zahl der Gelenkersatzoperationen seit Jahren konstant an. Eine der häufigsten Komplikationen des künstlichen Gelenkersatzes ist die periprothetische Infektion (PPI), die bei 0,2-9 % der Patienten auftritt, und mit einer erheblichen Morbidität und Letalität verbunden ist.
Das Erkennen einer PPI sowie die erfolgreiche Therapie ist eine Herausforderung. Entsprechende Diagnostik- und Therapie-Algorithmen liefern die internationalen Leitlinien- und Konsensusempfehlungen. Inwiefern diese Empfehlungen im Versorgungsalltag von deutschen Kliniken umgesetzt werden, wurde anhand einer Online-Fragebogenstudie untersucht.
Methodik: Ein Fragebogen zum diagnostischen und therapeutischen Vorgehen bei Verdacht auf eine periprothetische Infektion wurde erstellt und über das Online-Umfrageportal ClinicalSurveys.net an 1069 Kliniken, die nach eigenen Angabe die ICD T84 (Komplikationen durch künstliche Gelenke [...]) behandelten, verschickt. Die ausgefüllten Fragebögen wurden statistisch deskriptiv ausgewertet und in Bezug zu den Aussagen der internationalen Leitlinien- und Konsensusempfehlungen gesetzt.
Ergebnisse und Schlussfolgerung: 118 der angeschriebenen 1069 Kliniken füllten den Fragebogen vollständig aus. Die Teilnehmer spiegelten einen repräsentativen Querschnitt aus der deutschen Kliniklandschaft wieder, ca. 65% sind bereits als Endoprothetikzentrum zertifiziert oder befanden sich aktuell im Zertifizierungsprozess. Insgesamt wurde mehr Primär- als Wechselendoprothetik operiert, bei den Wechseln aufgrund von nachgewiesenen Infekten überwogen die zweizeitigen Wechsel im "langen Intervall" deutlich. Über 90% der Teilnehmer nutzen Gelenkspacer.
Die durchgeführte Standarddiagnostik bei vermutetem Infekt entsprach weitestgehend den Leitlinienempfehlungen, ging jedoch insbesondere was die Bildgebung (CT und Skelettszintigrafie) sowie die Serologie anging oft darüber hinaus. Insbesondere was Antibiotikagaben und das Legen von Wunddrainagen anging, gab es sowohl bei Wechseloperationen ohne vermuteten Infekt sowie bei vermutetem oder bereits nachgewiesenem Infekt deutliche Abweichungen von den internationalen Empfehlungen. Im Vorgehen der prä- und intraoperativen Probeentnahme spiegelten sich die Leitlinienempfehlungen im Klinikalltag wieder. Die Möglichkeit der Sonikation nutzten ca. 10% der Teilnehmer.
Insgesamt erscheint der in dieser Umfrage abgebildete Versorgungsalltag des Umgangs mit periprothetischen Infektionen weitestgehend die vorhandenen Leitlinien und Konsensusempfehlungen umzusetzen mit einer leichten Tendenz zu zu viel Diagnostik. Schwächen stellen sich vor allem im Bereich der medikamentösen Antibiotikatherapie dar. Diese Problematik spricht für den erforderlichen interdisziplinären Therapieansatz dieser schwerwiegenden Erkrankungen, z.B. im Rahmen gemeinsamer Fallbesprechungen von Orthopäden/Unfallchirurgen mit Infektiologen/Internisten, Mikrobiologen und Pathologen.