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Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2023)

24. - 27.10.2023, Berlin

Intramedulläre Verlängerung entlang der anatomischen Femurachse – Unterschiede zwischen tatsächlichen Ergebnissen und geometrischer Planung

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Henning Tretow - Universitätsklinikum Münster, Kinderorthopädie, Deformitätenrekonstruktion und Fußchirurgie, Münster, Germany
  • Robert Rödl - Universitätsklinikum Münster, Kinderorthopädie, Deformitätenrekonstruktion und Fußchirurgie, Münster, Germany
  • Georg Gosheger - Universitätsklinikum Münster, Allgemeine Orthopädie und Tumororthopädie, Münster, Germany
  • Adrien Frommer - Universitätsklinikum Münster, Allgemeine Orthopädie und Tumororthopädie, Münster, Germany
  • Gregor Toporowski - Universitätsklinikum Münster, Allgemeine Orthopädie und Tumororthopädie, Münster, Germany
  • Carina Antfang - Universitätsklinikum Münster, Allgemeine Orthopädie und Tumororthopädie, Münster, Germany
  • Björn Vogt - Universitätsklinikum Münster, Kinderorthopädie, Deformitätenrekonstruktion und Fußchirurgie, Münster, Germany
  • Andrea Laufer - Universitätsklinikum Münster, Allgemeine Orthopädie und Tumororthopädie, Münster, Germany

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2023). Berlin, 24.-27.10.2023. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2023. DocAB11-3107

doi: 10.3205/23dkou003, urn:nbn:de:0183-23dkou0032

Veröffentlicht: 23. Oktober 2023

© 2023 Tretow et al.
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Gliederung

Text

Fragestellung: Die Femurverlängerung durch Kallusdistraktion mit einem antegrad intramedullär eingebrachten Distraktionsmarknagel erfolgt entlang der anatomischen Achse. Da anatomische und mechanische Achse nicht übereinstimmen, sondern physiologischerweise einen Winkel (AMA=anatomic-mechanical angle) von etwa 7° zueinander bilden, kommt es bei einer Femurverlängerung entlang der anatomischen Achse zu einer Valgisierung der mechanischen Beinachse durch mediale Translation des Kniegelenks.

Das Ausmaß der Translation lässt sich mit geometrisch-mathematischen Formeln in Abhängigkeit von Winkeln und der Verlängerung berechnen.

Diese Arbeit untersucht, wie groß die Translationsbewegung im Kniegelenk ist und von welchen Faktoren sie abhängt. Zusätzlich wurden die geometrischen Berechnungen mit den postoperativen Ganzbeinstandaufnahmen, also mit den realen Ergebnissen, verglichen.

Methodik: Für antegrade Femurverlängerungen wurden präoperativ und nach erfolgter Kallusdistraktion bei Abschluss der knöchernen Konsolidierung in Ganzbeinstandaufnahmen relevante Parameter wie mechanische Achsendeviation (MAD), der AMA sowie der Winkelαzwischen anatomischer Achse und Mikulicz-Linie und die Distraktionsstrecke neben weiteren anatomischen Parametern ermittelt. Ferner wurden mathematische Formeln entwickelt, um aus den präoperativen Messwerten die zu erwartende Translation zu berechnen.

Die Translation im Kniegelenk m berechnet sich nach der Formel: m=sinα × d × t/(t + f + cosα× d) (mitα = Winkel zwischen den Achsen; d= Verlängerung; t=Länge Tibia; f=Länge Femur).

Die berechneten Werte wurden mit den tatsächlich entstandenen Veränderungen der postoperativen Beinachsen verglichen.

Ergebnisse: Es konnten 116 Verlängerungen bei 99 Patienten (17 beidseitige Verlängerungen bei Kleinwuchs) aus dem Zeitraum 10/2013 bis 11/2019 vermessen und berechnet werden. Die Distraktion betrug 40,8 mm [15,4 bis 82,0], der Winkel α betrug 6° [-3,6 bis +12,1]. Die mechanische Achsendeviation (MAD) betrug präoperativ -2,4 mm [-43,3 bis +44,8]. Das Follow-up war 12,5 Monate [2,3 bis 44,9].

Nach mathematischer Berechnung entstand eine Translation m von -1,9 mm [-6,4 bis +1,4], gemessen wurde eine Translation von -1,2 mm [-43,0 bis +29,8]. Die Differenz zwischen berechneten und gemessenen Werten war statistisch nicht signifikant (p=0.34), ebensowenig die Differenz zwischen prä- und postoperativen Werten (p=0.25), bei sehr geringer Korrelation zwischen Berechnung und Messung (r= -0.09).

Schlussfolgerungen:

1.
Die zu erwartende Änderung der MAD/Translation durch eine antegrade Femurverlängerung entlang der anatomischen Achse ist gering, die Messungen haben dies bestätigt.
2.
Die berechneten Werte zeigen kaum Korrelationen mit den tatsächlichen Werten. Das bedeutet, dass andere Faktoren wie z.B. Weichteilzug, Implantatlage, Implantationstechnik, aber auch die Qualität der Röntgenaufnahmen sowie die bestehende Messungenauigkeit, das Ausmaß der geometrischen Einflussfaktoren übertreffen.