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Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2023)

24. - 27.10.2023, Berlin

Versorgungsrealität der perioperativen Antibiotikaprophylaxe in der Endoprothetik – eine nationale Umfrage an 45 Kliniken

Meeting Abstract

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  • presenting/speaker Andre Lunz - Orthopädische Universitätsklinik Heidelberg, Heidelberg, Germany
  • Burkhard Lehner - Orthopädische Universitätsklinik Heidelberg, Heidelberg, Germany
  • Tobias Renkawitz - Orthopädische Universitätsklinik Heidelberg, Heidelberg, Germany
  • Georg W. Omlor - Marienhaus Klinikum St. Wendel-Ottweiler, St. Wendel, Germany

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2023). Berlin, 24.-27.10.2023. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2023. DocAB38-3104

doi: 10.3205/23dkou164, urn:nbn:de:0183-23dkou1645

Veröffentlicht: 23. Oktober 2023

© 2023 Lunz et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Gliederung

Text

Fragestellung: Die perioperative Antibiotikaprophylaxe (PAP) ist ein nachweisbar effektives Instrument zur Verringerung von periprothetischen Infektionen (PPI). Aber trotz des hohen Stellenwerts einer PAP steht uns national nur eine S1-Leitlinie der AWMF (geringste Qualitätsstufe) aus dem Jahr 2012 zur Verfügung. Ziel dieser Studie war die Ermittlung der aktuellen Versorgungsrealität an Endoprothetikzentren der Maximalversorgung (EPZmax) in Deutschland.

Methodik: 2023 wurde eine nationale Umfrage zur perioperativen Antibiotikaprophylaxe in der Endoprothetik an 100 Zentren (EPZmax) durchgeführt. Die Umfrage ist digital mit der Software SurveyMonkey durchgeführt worden und die deskriptive sowie statistische Datenanalyse ist mit Microsoft Excel und IBM SPSS erfolgt.

Ergebnisse: 45 (45%) von 100 Kliniken stellten uns ihre Antworten zur Verfügung und konnten in die Studie eingeschlossen werden. Zu 60% erfolgte die Beantwortung durch den Chefarzt, zu 16% durch den Ltd. Oberarzt und zu 22% durch einen Oberarzt der Abteilung. 76% der Befragten gaben an sehr viel Erfahrung und 29% viel Erfahrung auf dem Gebiet der Revisionsendoprothetik zu besitzen. Cephalosporine der 1. und 2. Generation werden zu 98% in der primären und zu 95% in der Revisionsendoprothetik routinemäßig gegeben. Dabei erfolgt die Gabe zu 95% in der primären und zu 77% in der Revisionsendoprothetik ca. 30-60 Minuten vor dem Hautschnitt. Die Dauer der Prophylaxe wird als Einmalgabe mit ggf. einer intraoperativen Zweitgabe zu 98% in der primären und zu 67% in der Revisionsendoprothetik angegeben. In der Revisionsendoprothetik wird in 14% der Kliniken die Prophylaxe als Mehrfachgabe (>2 Gaben) am OP-Tag gegeben und weitere 16% der Kliniken setzen die Antibiose bis zum Erhalt der mikrobiologischen Ergebnisse fort. Als Begründung für das klinikinterne Vorgehen wird zu 40% in der primären und zu 24% in der Revisionsendoprothetik als Vorgehen nach Leitlinie angegeben. Die Evidenzgüte hinsichtlich des Zeitpunkts und der Dauer der Antibiotikaprophylaxe wird mit 76% und 71% in der primären Endoprothetik als hoch bewertet. In der Revisionsendoprothetik empfinden 50% die Evidenzgüte für den Zeitpunkt und 59% die Evidenzgüte für die Dauer der Gabe als gering bis mäßig.

Schlussfolgerung: In der primären Endoprothetik zeigt sich ein sehr einheitliches Bild mit über 95% evidenzkonformer PAP. In der Revisionsendoprothetik, die mit einem deutlich höheren perioperativen Risiko für eine PPI einhergeht, kommt die Unsicherheit einer fehlenden aktuellen und höherwertigen Leitlinie deutlich zum Ausdruck. So erfolgt die PAP hier in jeder 4. Klinik nicht mehr leitliniengerecht ca. 30–60 Minuten vor dem Hautschnitt und jede 3. Klinik führt die Prophylaxe postoperativ entgegen den Empfehlungen fort. Diese klinisch relevanten Abweichungen verdeutlichen den dringenden Bedarf an hochwertigen prospektiven Studien sowie einer differenzierten und aktuellen Leitlinie für die perioperative Antibiotikaprophylaxe in der Revisionsendoprothetik.