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Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2023)

24. - 27.10.2023, Berlin

Die Rolle von MRGN-positiven Keimnachweisen in der Versorgung von Kriegsverletzungen: Kontamination oder Infektion?

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Nora Anais Koenemann - Universitätsklinikum Augsburg, Klinik für Unfallchirurgie Orthopädie, Plastische und Handchirurgie, Augsburg, Germany
  • Michael Ecker - Universitätsklinikum Augsburg, Klinik für Unfallchirurgie Orthopädie, Plastische und Handchirurgie, Augsburg, Germany
  • André Fuchs - Universitätsklinikum Augsburg, III. Medizinische Klinik, Augsburg, Germany
  • Selin Temizel - Universitätsklinikum Augsburg, Stabsstelle Hygiene und Umweltmedizin, Augsburg, Germany
  • Valeska Simon - Universitätsklinikum Augsburg, Institut für Labormedizin und Mikrobiologie, Augsburg, Germany
  • Maximilian Engelmann - Universitätsklinikum Augsburg, III. Medizinische Klinik, Augsburg, Germany
  • Edgar Mayr - Universitätsklinikum Augsburg, Klinik für Unfallchirurgie Orthopädie, Plastische und Handchirurgie, Augsburg, Germany

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2023). Berlin, 24.-27.10.2023. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2023. DocAB55-2593

doi: 10.3205/23dkou269, urn:nbn:de:0183-23dkou2698

Veröffentlicht: 23. Oktober 2023

© 2023 Koenemann et al.
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Gliederung

Text

Fragestellung: Die Versorgung von Patienten mit multiresistenten Keimen stellt in der deutschen Unfallchirurgie eine seltene, aber schwerwiegende Herausforderung dar. Durch die Teilnahme an der Kleeblattverteilung der Bundesregierung zur Versorgung schwerverletzter Patienten aus ukrainischen Kriegsgebieten hat die Anzahl solcher Fälle zugenommen. Dabei sind viele Patienten mit MRGN-positiven Keimen behandelt worden. Ziel dieser Arbeit ist es die Bedeutung dieser Keime in der chirurgischen Versorgung anhand unserer Fälle kritisch zu beleuchten.

Methodik: Untersucht wurden alle Kriegsverletzte, die ab 05/2023 unserem überregionalen Traumazentrum zuverlegt wurden. Es wurden Verletzungen, Keimnachweise, Antibiotika- sowie operative Therapien, stationäre Verläufe und Outcome erfasst.

Ergebnisse und Schlussfolgerung: In den vorläufigen Untersuchungsergebnissen wurden 10 Patienten mit Kriegsverletzungen berücksichtig. Bei 8 der Patienten lag eine ≥3 MRGN-Besiedlung rektal/oral und/oder im Urin vor (besiedelt MRGN, „MRGN-b“). Die Mehrzahl der Verletzten erlitten ihre Verletzung als Soldaten.Es zeigte sich jedoch sowohl bei Militär-Personal als auch bei verletzten Zivilisten der Nachweis von 3/4MRGN-positiven Keimen. Von den 10 Patienten wurden 8 operativ versorgt, im Durchschnitt erfolgten 2,5 Operationen. Insgesamt wurden über alle Patienten hinweg 16 verschiedene Keime intraoperativ nachgewiesen, davon 4 verschiedene 4MRGN und 4 verschiedene 3MRGN Keime (intraop. MRGN,"MRGN-io"). Die Mindestanzahl an positiven intraoperativen Keimnachweisen pro Patient war 2, in einem Fall lagen 7 verschiedene Keime in den Proben vor. 4 der 8 Patienten hatten mindestens einen 4-fach positiven MRGN-io, ein Patient nur 3-fach MRGN-io. Bis auf einen Patienten stimmten alle Fälle mit MRGN-io mit mindestens einem der nachgewiesenen MRGN-b Keim überein. Alle Patienten wurden mit poly-antibiotischen Therapieregimen behandelt wurden. Aufgrund der Resistenzlagen der MRGN-io Keime konnte in drei Fällen keine resistenzgerechte antibiotische Therapie erfolgen. Nichtsdestotrotz zeigten fast alle Patienten entweder ein Ausbleiben einer klinisch sichtbaren Wundinfektion oder es kam zu einer deutlichen Besserung des lokalen Befundes sowie der laborchemischen Entzündungsparamemter. Bei einer Patientin konnte bei einer Folgeoperation bei Pseudarthrose keinerlei MRGN-io mehr nachgewiesen werden. Ein Patient erlitt i.R. eine Antibiotika-Nebenwirkung mit passagerer Intensiv-Pflichtigkeit.

Aufgrund der vorliegenden Untersuchungsergebnisse stellen wir die Theorie auf, dass bei gleichen Keimen in intraoperativen Proben und externer Besiedlung, bei gleichzeitigem Nachweis von anderen pathogenen Keimen, die 3/4-MRGN positiven Keime nicht zum Infektgeschehen beitragen.Eine strengere Unterscheidung zwischen Besiedlung und Infektion könnte bei MRGN-Nachweis einen entscheidenden Einfluss auf das operative Procedere haben. Erkenntnisse aus der Untersuchung dieses Patientenklientels könnten zukünftig auf andere Patientengruppen übertragen werden.