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Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2023)

24. - 27.10.2023, Berlin

Biomechanische Prüfung textiler Polycaprolacton-Patches für die Versorgung chronischer Sehnendefekte

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Janin Reifenrath - Medizinische Hochschule Hannover, Orthopädische Klinik, Hannover, Germany
  • Benedict Bauer - RWTH Aachen University, Institut für Textiltechnik, Aachen, Germany
  • Caroline Emonts - RWTH Aachen University, Institut für Textiltechnik, Aachen, Germany
  • Thomas Gries - RWTH Aachen University, Institut für Textiltechnik, Aachen, Germany
  • Alexander Derksen - Medizinische Hochschule Hannover, Orthopädische Klinik, Hannover, Germany
  • Dennis Nebel - Medizinische Hochschule Hannover, Orthopädische Klinik, Hannover, Germany
  • Nina Angrisani - Medizinische Hochschule Hannover, Orthopädische Klinik, Hannover, Germany

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2023). Berlin, 24.-27.10.2023. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2023. DocAB81-2625

doi: 10.3205/23dkou433, urn:nbn:de:0183-23dkou4331

Veröffentlicht: 23. Oktober 2023

© 2023 Reifenrath et al.
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Gliederung

Text

Fragestellung: Chronische Sehnendefekte der Rotatorenmanschette gehören zu den häufigsten Erkrankungen in der Orthopädie und gehen mit Funktionseinschränkungen und Schmerzen der Patienten einher. Bei der chirurgischen Rekonstruktion ist eine Refixation am ursprünglichen Footprint aufgrund von degenerativen Veränderungen oft unmöglich, sodass eine Defektüberbrückung erforderlich ist. Diese erfolgt meist unter Zuhilfenahme eines autologen Sehnentransplantats. Artifizielle Materialien konnten sich bisher nicht für die klinische Anwendung durchsetzen. Daher ist es Ziel der Studie, resorbierbare, biomechanisch ausreichend primärstabile Patches für die Versorgung chronischer Sehnendefekte zu entwickeln.

Methodik: Als Grundmaterial wurden Polycaprolacton Pellets (Capa® 6800, Molmasse Mn ca. 80 kDa, Ingevity Corp.) verwendet und im Schmelzspinnprozess zu hochverstreckten Monofilamenten ausgesponnen. Die Patches wurden mittels Rundflechttechnik aus 432 Filamenten produziert.

Für die biomechanische Prüfung wurden 2 cm x 3,5 cm große Patches hergestellt. Jeweils 0,5 mm von der Kante entfernt wurde eine Quernaht zur Ausreißsicherung der Fäden eingefügt. Die Patches wurden biomechanisch in einer Zugprüfmaschine dahingehend geprüft, ob sie beim Aufbringen einer Zugkraft versagen oder Haltefäden ausreißen. Patches (n=3) mit 2 beziehungsweise 4 äquidistant platzierten Haltefäden wurden im uniaxialen Ausrissversuch mit 3 N Vorkraft und 50 mm/min Prüfgeschwindigkeit bis zum Versagen getestet.

Im zweiten Schritt wurden die Patches im ex vivo Schafmodell geprüft. Die Endsehne des M. Infraspinatus wurde vom Footprint abgesetzt, die Sehne ca. 1 cm gekürzt und refixiert. Es wurde die Sehnenrefixation mittels Double Row Technik (n=5) verglichen mit Double Row Technik und zusätzlicher Nahtsicherung durch Patch-Augmentation (n=4). Zugversuche wurden mit folgenden Parametern durchgeführt: Vorkraft 10 N, Haltzeit nach Vorkraft 5 s und anschließender Prüfgeschwindigkeit von 20 mm/min bis zum Versagen. Ermittelt wurde die maximale Kraft bei Versagen (Fmax [N]).

Ergebnisse und Schlussfolgerung: In allen in-vitro Ausreißversuchen versagten die Haltefäden zuerst, während Quernaht und Patch intakt blieben. Dabei wurde eine maximale Kraft von 434,4 ± 29,3 N (2 Haltefäden) beziehungsweise 674,2 ± 93,5 N (4 Haltefäden) gemessen. In den Ex-vivo Versuchen am Schafmodell zeigte sich eine mittlere Ausreißkraft von 210,4 ± 45,7 N bei den fixierten Sehnen mit Double-Row Technik. Das Ausreißen erfolgte jeweils an den Knoten aus der Sehne. Mit zusätzlicher Patch-Augmentation zeigte sich eine signifikant erhöhte maximale Ausreißkraft mit 366,9 ± 13,1 N. Das Patch wies in keinem der geprüften Proben ein Versagen auf, auch in diesen Proben erfolgte ein Ausreißen an den Knoten.

Die entwickelten textilen resorbierbaren Polycaprolacton-Patches zeigen vielversprechende vorläufige Ergebnisse für den potentiellen Einsatz in der augmentativen Versorgung chronischer (retrahierter) Sehnendefekte.