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Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2023)

24. - 27.10.2023, Berlin

Beidseitige Preiser’s disease bei multiplen Osteonekrosen nach Therapie einer c-ALL – what to do? Ein Fallbericht und Blick in die Literatur

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Hauke Rüther - Universitätsmedizin Göttingen, Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie, Göttingen, Germany
  • Danny Henkies - Universitätsmedizin Göttingen, Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie, Göttingen, Germany
  • Lina Wübbeke - Universitätsmedizin Göttingen, Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie, Göttingen, Germany
  • Ann-Kathrin Singer - Universitätsmedizin Göttingen, Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie, Göttingen, Germany
  • Friederike Hohl - Universitätsmedizin Göttingen, Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie, Göttingen, Germany
  • Wolfgang Lehmann - Universitätsmedizin Göttingen, Unfallchirurgie, Orthopädie und Plastische Chirurgie, Goettngen, Germany
  • Jan-Christoph Ammon - Universitätsmedizin Göttingen, Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie, Göttingen, Germany

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2023). Berlin, 24.-27.10.2023. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2023. DocAB88-2611

doi: 10.3205/23dkou506, urn:nbn:de:0183-23dkou5066

Veröffentlicht: 23. Oktober 2023

© 2023 Rüther et al.
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Gliederung

Text

Fragestellung: Die sogenannte Preiser’s disease oder auch avaskuläre Knochennekrose des Scaphoids stellt eine Rarität dar. Sie ist in ihrer Pathophysiologie und Inzidenz noch nahezu unverstanden. Obwohl sie nach dem Morbus Kienböck die zweithäufigste carpale avaskuläre Nekrose darzustellen scheint, gibt es in der Literatur nur wenige beschriebene Fälle bzw. Algorithmen zur Diagnostik und Therapie (Bergmann et al. 2021). Als Ursache wird kontrovers diskutiert, ob dieses Krankheitsbild rein atraumatisch auftritt oder wie bei der Lunatummalazie Mikrotraumata eine Rolle spielen können. Als Auslöser werden neben der kongenitalen Hypoplasie des Daumens und systemischer Erkrankungen die Chemotherapie mit und ohne Kortikosteroiden beschrieben (Bergmann et al. 2021). Unklar scheint weiterhin welche Therapie beim Auftreten der Erkrankung bzw. zu welchem Zeitpunkt indiziert ist. Anhand unseres Fallberichtes und einem Ausblick in die Literatur soll die Aufmerksamkeit auf dieses seltene Krankheitsbild gelenkt werden.

Methodik: Eine 38-jährige Frau wurde im Juni 2022 erstmals in unserer Handsprechstunde vorstellig. Sie berichtete 2001 bei Erstdiagnose einer c-ALL nach ALL-06/99-Protokoll behandelt worden zu sein. Selbiges umfasste die Stammzelltransplantation mit u.a. systemischer Therapie mit Dexamethason, Chemotherapie und mehrfacher Bestrahlung. Hiernach kam es zur kompletten Remission. Sie klagte jedoch zunehmend über Beschwerden wechselnder Gelenke. Im Jahr 2011 wurden dann erstmals multiple Osteonekrosen beider Tali, der distalen Tibia und des rechten Ellenbogengelenkes festgestellt. Im Rahmen der Vorstellung 2022 zeigte sich beidseits eine avaskuläre Nekrose des proximalen Scaphoidpols (Typ II nach Kalainov et al. 2003; Typ 3 nach Herbert und Lanzetta) rechts fortgeschrittener als links. Wir ergänzten die konventionelle Bildgebung der Handgelenke in 2 Ebenen mit Pencil-grip-Aufnahme um eine CT und MRT beider Handgelenke. Im November 2022 führten wir eine Verlaufskontrolle durch.

Ergebnisse und Schlussfolgerung: Durch die Behandlung der c-ALL inklusive systemischer Kortikosteroidbehandlung kam es bei der Patientin zur beidseitigen Preiser’s disease. Im halbjährigen Verlaufs-MRT und -CT zeigte sich kein Progress der Nekrose, kein midcarpaler Kollaps und „noch“ kein Eintreten einer radiocarpalen Arthrose. Bergmann et al. versuchten 2021 anhand einer Literaturrecherche einen Therapiealgorithmus zu etablieren. Wir diskutierten an Hand dessen rekonstruktive Maßnahmen, sowie salvage-procedures (PRC oder 4-Corner-Fusion) mit der Patientin. Auf Grund des zum Zeitpunkt der letzten Untersuchung geringgradigen Leidensdruck entschied sich die Patientin gegen eine Operation. Es lässt sich eine Heterogenität in Hinblick auf Diagnostik, Therapie und Krankheitsverlauf in der gesamten Literatur finden (Bergmann et al. 2021). Zum besseren Verständnis und einem Aufarbeiten bedarf es größerer Fallzahlen, z.B. im Rahmen einer Multicenterstudie.