gms | German Medical Science

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2023)

24. - 27.10.2023, Berlin

Effekt von Diagnose und leitliniengerechter pharmazeutischer Therapie auf Osteoporose-assoziierten Folgefrakturen am Beispiel des proximalen Humerus

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Jeanette Köppe - WWU Münster, Institut für Biometrie und Klinische Forschung, Münster, Germany
  • Josef Stolberg-Stolberg - Universitätsklinikum Münster, Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, Münster, Germany
  • Moritz Freistühler - Universitätsklinikum Münster, Geschäftsbereich Medizinisches Management, Münster, Germany
  • Robert Rischen - Universitätsklinikum Münster, Institut für Klinische Radiologie, Münster, Germany
  • Andreas Faldum - WWU Münster, Institut für Biometrie und Klinische Forschung, Münster, Germany
  • Michael Johannes Raschke - Universitätsklinikum Münster, Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, Münster, Germany
  • J. Christoph Katthagen - Universitätsklinikum Münster, Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, Münster, Germany

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2023). Berlin, 24.-27.10.2023. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2023. DocAV18-2651

doi: 10.3205/23dkou639, urn:nbn:de:0183-23dkou6394

Veröffentlicht: 23. Oktober 2023

© 2023 Köppe et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Gliederung

Text

Fragestellung: Osteoporose-assoziierte Frakturen sind jährlich für den Verlust von über einer Million qualitäts-adjustierter Lebensjahre und Kosten von über 37 Mrd. Euro in Europa verantwortlich. Trotz klar indizierter Therapie nach Indexfraktur findet eine leitliniengerechte Umsetzung der Osteoporose nur selten statt [1]. Ziel dieser Arbeit ist es den Effekt der Anti-Osteoporose Therapie (AOT) auf das Refrakturrisiko nach proximaler Humerusfraktur (PHF) zu bestimmen.

Methodik: Abrechnungsdaten von N=43.310 (medianes Alter 79 Jahre, 84% Frauen) gesetzlich Versicherten PHF-Patienten ab 65 Jahren mit operativer Therapie in den Jahren 2013 – 2019, wurden retrospektiv analysiert. Innerhalb von 5 Jahren Vor- und bis zu 6 Jahren Nachbeobachtungsphase wurden vorangegangene und nachkommende Osteoporose-assoziierten Frakturen untersucht. Ereignisraten wurden über Mehrstadienmodelle abgebildet. Der Risiko-adjustierte Einfluss einer AOT auf das Auftreten weiterer Frakturen im Verlauf wurde über multivariable Cox-Regressionen mit zeitabhängigen Kovariablen analysiert. P-Werte aus den Modellen wurden mittels Bonferroni-Holm adjustiert.

Ergebnisse und Schlussfolgerung: Zum Zeitpunkt der PHF war bei 39% der Patienten eine Osteoporose bekannt, 12% erhielten bereits eine Therapie mit Vitamin D/Calcium oder Bisphosphonaten. 23% hatten bereits vor der PHF eine Osteoporose-assoziierte Fraktur, wobei Wirbelkörperfrakturen mit 12,6% und proximale Femurfrakturen mit 10,7% am häufigsten auftraten. Vergleichbares zeigte sich während der Nachbeobachtungzeit: 5 Jahre nach der PHF erlitten 20,6% (20,1 – 21,1%) mindestens eine weitere Fraktur, wobei auch hier das proximale Femur mit 10,5% und Wirbelkörperfrakturen mit 9,1% am häufigsten waren. 3 Jahre nach der Hospitalisierung aufgrund der PHF wurde bei 33,4% der lebenden Patienten ohne bekannte Osteoporose eine entsprechende Diagnose gestellt, nur 19,8% erhielten AOT. Nach zeitabhängiger Risikoadjustierung zeigt sich, dass Patienten mit einer unbehandelten Osteoporose ein ca. 2-fach höheres Risiko haben, im Verlauf eine weitere Fraktur zu erleiden (HR 1,99; 95%CI 1,87 – 2,11; p<,001). Bei Patienten mit einer AOT im Vergleich zu Osteoporose-Patienten ohne Therapie ist das Risiko nur noch halb so groß (HR 0,55; 95%CI 0,51 – 0,58; p< ,001) und damit vergleichbar mit dem Risiko für Patienten ohne Osteoporose (p >0,999).

Die korrekte Diagnose der Osteoporose und leitliniengerechte Umsetzung der AOT nach PHF ist essenziell, um Folgefrakturen zu reduzieren. Ohne adäquate Therapie der Osteoporose war das Risiko für eine Folgefraktur verdoppelt. Angesichts des bevorstehenden demographischen Wandels sind gesteigerte medizinische und politische Anstrengungen notwendig, um eine verbesserte Prophylaxe auch im hohen Alter gewährleisten zu können. Insbesondere die AOT nach PHF kann Folgefrakturen und die damit einhergehende Morbidität und Mortalität deutlich reduzieren.


Literatur

1.
McCloskey E, Rathi J, Heijmans S, Blagden M, Cortet B, Czerwinski E, Hadji P, Payer J, Palmer K, Stad R, O'Kelly J, Papapoulos S. The osteoporosis treatment gap in patients at risk of fracture in European primary care: a multi-country cross-sectional observational study. Osteoporos Int. 2021 Feb;32(2):251-9. DOI: 10.1007/s00198-020-05557-z Externer Link