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Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2023)

24. - 27.10.2023, Berlin

Vorfrakturen unter unfallchirurgischen Patienten mit Niedrigenergietraumata – womit beginnt die „Frakturkariere“ unserer Osteoporosepatienten

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Steffi Falk - Abteilung für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie, Klinik und Poliklinik für Chirurgie, Universitätsmedizin Rostock, Rostock, Germany
  • Sina Böhme - Abteilung für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie, Klinik und Poliklinik für Chirurgie, Universitätsmedizin Rostock, Rostock, Germany
  • Josephine Krüger - Abteilung für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie, Klinik und Poliklinik für Chirurgie, Universitätsmedizin Rostock, Rostock, Germany
  • Meike Richter - Abteilung für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie, Klinik und Poliklinik für Chirurgie, Universitätsmedizin Rostock, Rostock, Germany
  • Thomas Mittlmeier - Abteilung für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie, Klinik und Poliklinik für Chirurgie, Universitätsmedizin Rostock, Rostock, Germany

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2023). Berlin, 24.-27.10.2023. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2023. DocAV18-2691

doi: 10.3205/23dkou641, urn:nbn:de:0183-23dkou6410

Veröffentlicht: 23. Oktober 2023

© 2023 Falk et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Gliederung

Text

Fragestellung: Die Osteoporose verursacht nicht nur einen großen volkswirtschaftlichen Schaden, sondern stellt auch eine deutliche Lebensqualitätseinschränkung für den betroffenen Patienten dar. Die International Osteoporis Foundation (IOF) bezifferte die Anzahl an Osteoporose leidender Menschen in Deutschland zuletzt mit 5,7 Millionen und bereits 32 Millionen für Europa [1]. Laut dem Hamburger Center for Health Economics ist Osteoporose mit den zugehörigen Frakturen die häufigste Erkrankung bei Frauen über 50 Jahren. In dieser Gruppe ist Osteoporose somit häufiger als Herz-Kreislauf-Erkrankungen [2]. Diese Zahlen belegen die Dringlichkeit der Verbesserung der Diagnostik von Patienten mit Osteoporose. Dies auch vor dem Hintergrund, dass Borgström et al. für Deutschland eine Therapielücke von 80% für Männer und Frauen ermittelt haben [3].

Methodik: Vor diesem Hintergrund wurden die Patienten mit Frakturen in unserer unfallchirurgischen Klinik auf bestehende Vorfrakturen befragt. Insbesondere wurden hier die in der DVO Leitlinie angegebenen Frakturen berücksichtigt [4]. Über den Untersuchungszeitraum von 12 Monaten, beginnend im April 2021 wurden alle Patienten über 45 mit einer Fraktur nach Niedrigenergietrauma konsekutiv gescreent.

Ergebnisse und Schlussfolgerung: Insgesamt konnten 613 Patienten eingeschlossen werden. Darunter erfüllten 479 Patienten im Vorfeld die Kriterien für eine Osteoporosediagnostik entsprechend der Leitlinie. Entsprechend der ermittelten FRAX(R)-Werten bestand bei 378 Patienten eine Therapieindikation [5]. 73 dieser Patienten erhielten eine Therapie, wobei lediglich 19 eine spezifische Osteoporosetherapie. Unter diesen 378 Patienten zeigten 177 eine Vorfraktur.

Unter den Vorfrakturen war die distale Radiusfraktur mit 54 Patienten am häufigsten, gefolgt von den hüftgelenksnahen Frakturen (n=40) und proximalen Humerusfrakturen (n=27). Aufgeteilt auf Männer und Frauen wandelt sich hier erwartungsgemäß das Bild. Entsprechend der Inzidenzen zeigen Männer weniger distale Radiusfrakturen und dafür mehr hüftgelenksnahe Frakturen, zudem weisen sie auch im Vergleich deutlich weniger Vorfrakturen als Frauen auf.

Da Wirbelkörperfrakturen nicht immer sicher diagnostiziert werden und nicht selten als Zufallsbefund verspätet diagnostiziert werden, können diese hier nur soweit dem Patienten bekannt mit ausgewertet werden. Anamnestisch fanden sich hier 17 Patienten mit Frakturen der Wirbelsäule.

Diese Ergebnisse zeigen, dass wir im Rahmen von Vorfrakturen für Frauen eine gute Möglichkeit haben, frühzeitig eine Diagnose und auch eine Therapie einzuleiten. Bei Frauen zeigt sich klassisch die distale Radiusfraktur als Einstiegsfraktur der osteoporoseassoziierten Frakturen. Bei Männern hingegen zeigten sich die hüftgelenksnahen Frakturen als häufigste Erstfrakturen, sodass wir durch Vorfrakturen zwar einen guten Hinweis auf Osteoporose ausmachen, aber auf die weiteren Risikofaktoren der DVO Leitlinie zurückgreifen sollten, da das Ziel die Vermeidung einer solch einschneidenden Fraktur sein muss.


Literatur

1.
Kanis JA, Norton N, Harvey NC, Jacobson T, Johansson H, Lorentzon M, McCloskey EV, Willers C, Borgström F. SCOPE 2021: a new scorecard for osteoporosis in Europe. Arch Osteoporos. 2021 Jun 2;16(1):82. DOI: 10.1007/s11657-020-00871-9 Externer Link
2.
Knochenbrüche durch Osteoporose verursachen hohe Kosten. Ärzteblatt. 2015 [letzer Zugriff: 07.02.2023]. Verfügbar unter: https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/62470/Knochenbrueche-durch-Osteoporose-verursachen-hohe-Kosten Externer Link
3.
Borgström F, Karlsson L, Ortsäter G, Norton N, Halbout P, Cooper C, Lorentzon M, McCloskey EV, Harvey NC, Javaid MK, Kanis JA; International Osteoporosis Foundation. Fragility fractures in Europe: burden, management and opportunities. Arch Osteoporos. 2020 Apr 19;15(1):59. DOI: 10.1007/s11657-020-0706-y Externer Link
4.
Thomasius F, Baum E, Bernecker P, et al. DVO Leitlinie 2017 zur Prophylaxe, Diagnostik und Therapie der Osteoporose bei postmenopausalen Frauen und Männern. Osteologie. 2018;3:154-60.
5.
Centre for Metabolic Bone Diseases at the University of Sheffield. FRAX®-Rechner zur Bestimmung des Frakturrisikos. Verfügbar unter: https://frax.shef.ac.uk/FRAX/tool.aspx?lang=de Externer Link