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22. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

04.10. - 06.10.2023, Berlin

Ökonomische Analyse der Versorgungssituation der molekularen Diagnostik beim nichtkleinzelligen Lungenkarzinom (NSCLC) in deutschen Krankenhäusern – Sektorenspezifische Vergütung als Innovationshindernis?

Meeting Abstract

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  • Melina Sophie Kurte - Universität Duisburg-Essen, Medizinische Fakultat, Essen, Deutschland; VITIS Healthcare Group, Köln, Deutschland
  • Ann-Cathrine Siefen - VITIS Healthcare Group, Köln, Deutschland
  • Robert Dengler - OncoLogic Consulting GbR, Nittendorf, Deutschland; FOM Hochschule für Oekonomie & Management, Essen, Deutschland
  • Florian Kron - VITIS Healthcare Group, Köln, Deutschland; FOM Hochschule für Oekonomie & Management, Essen, Deutschland; Universitätsklinikum Köln, Klinik I für Innere Medizin, Köln, Deutschland; Universitätsklinikum Köln, Centrum für Integrierte Onkologie Aachen Bonn Köln Düsseldorf (CIO), Köln, Deutschland

22. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 04.-06.10.2023. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2023. Doc23dkvf013

doi: 10.3205/23dkvf013, urn:nbn:de:0183-23dkvf0134

Veröffentlicht: 2. Oktober 2023

© 2023 Kurte et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund und Stand der Forschung: Das nichtkleinzellige Lungenkarzinom (NSCLC) gehört zu den häufigsten Krebserkrankungen in Deutschland. Seit 2009 erstmalig ein zielgerichtetes Arzneimittel für eine molekulare NSCLC-Subgruppe zugelassen wurde, führen diese so genannten personalisierten Therapien zu signifikanten Verbesserungen des Gesamtüberlebens. Niedrige Testquoten der für die Therapien obligaten molekularen Diagnostik deuten indes auf eine Unterversorgungssituation mit personalisierten Therapien hin. Während die molekulare Diagnostik im ambulanten Sektor über den Einheitlichen Bewertungsmaßstab abgerechnet werden kann, wird die fehlende Vergütungsoption im stationären Fallpauschalensystem als Hürde für den Innovationstransfer diskutiert.

Fragestellung und Zielsetzung, Hypothese: Aufbauend auf der Prinzipal-Agenten-Theorie (PAT) war das Ziel der Versorgungsanalyse, die aktuelle Versorgungs- und Vergütungsstrukturen der molekularen Diagnostik in der deutschen Krankenhauslandschaft zu ermitteln.

Methode: Zur Analyse der Versorgungs- und Vergütungsstrukturen wurde ein Versorgungspfad sowie die Abrechnungsoptionen der molekularen Diagnostik aus einer Krankenhausperspektive systematisch und qualitativ aufgearbeitet. Im Deutschen Krankenhausverzeichnis wurden quantitativ alle Krankenhäuser erhoben, die Patient:innen mit der ICD-10 Diagnose C34.- „Lungenkrebs“ behandeln. Diesen wurden die jeweiligen Abrechnungsoptionen zugeordnet.

Ergebnisse: In 2020 wurden an 1.001 Krankenhausstandorten (889 Krankenhäuser) Patient:innen mit Lungenkrebs behandelt. 48% der Krankenhäuser (n=427) können eine ambulante Abrechnungsoption der molekularen Diagnostik nutzen. Diese wurde anhand des Versorgungspfades definiert als ein medizinisches Versorgungszentrum (n=393) oder eine Hochschulambulanz (n=67) am Krankenhaus, die Teilnahme an der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung (n=41) bzw. an der ambulanten Behandlung am Krankenhaus (n=73) oder an einem Vertrag der Besonderen Versorgung (n=22). 62% der Krankenhäuser ohne ambulante Abrechnungsoption verfügen über ≤ 300 Betten (n=288). Von 171.824 Krankenhausfällen (2020) mit Diagnose C34.- wurden 32% (n=55.826) in Krankenhäusern ohne ambulante Abrechnungsoption behandelt, davon 47% in Krankenhäuser ≤ 300 Betten (n=26.279).

Diskussion: Gemäß der PAT könnten die an der molekularen Diagnostik beteiligten Leistungserbringer:innen (Agenten) ökonomischen Fehlanreizen unterliegen. Aufgrund eines möglichen monetären Verlustes bei einer fehlenden ambulanten Abrechnungsoption der molekularen Diagnostik, könnten sich die Agenten gegen die Durchführung entscheiden.

Implikation für die Versorgung: Molekulare Diagnostik sollte sektorenunabhängig für alle Patient:innen leitlinienkonform zugänglich sein, um eine personalisierte Therapie zu ermöglichen. Selektivvertragliche Versorgungskonzepte zeigen Optionen für eine qualitätsgesicherte, sektorenunabhängige Vergütung auf. Ein Transfer in die Regelversorgung könnte ökonomische Fehlanreize beheben.

Förderung: Sonstige Förderung