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22. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

04.10. - 06.10.2023, Berlin

Kurz- und langfristige Ergebnisse nach elektiver Versorgung von Patienten mit Bauchaortenaneurysma und Karzinomanamnese

Meeting Abstract

  • Reinhart T. Grundmann - Deutsches Institut für Gefäßmedizinische Gesundheitsforschung gGmbH, Berlin, Deutschland
  • Jasmin Epple - Goethe-Universität Frankfurt am Main, Frankfurt am Main, Deutschland
  • Thomas Schmitz-Rixen - Goethe-Universität Frankfurt am Main, Frankfurt am Main, Deutschland
  • Neelam Lingwal - Goethe-Universität Frankfurt am Main, Frankfurt am Main, Deutschland
  • Dittmar Böckler - Universität Heidelberg, Heidelberg, Deutschland

22. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 04.-06.10.2023. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2023. Doc23dkvf014

doi: 10.3205/23dkvf014, urn:nbn:de:0183-23dkvf0143

Veröffentlicht: 2. Oktober 2023

© 2023 Grundmann et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund und Stand der Forschung: Die Leitlinien empfehlen die elektive Versorgung eines Bauchaortenaneurysmas bei asymptomatischen Patienten mit einem Aneurysmadurchmesser größer 5,5 cm, um so der Ruptur vorzubeugen. Wie bei Patienten mit begrenzter Lebenserwartung vorzugehen ist, ist nicht bekannt und umstritten. Dies gilt speziell für Patienten mit Tumorerkrankung in der Anamnese und Patienten mit schwerer Herzinsuffizienz.

Fragestellung und Zielsetzung, Hypothese: In einer retrospektiven Auswertung von Routinedaten einer Krankenkasse (AOK-Gesundheit) wird zum kurzfristigen und langfristigen Outcome von Patienten mit Tumoranamnese nach elektiver Versorgung eines Bauchaortenaneurysmas Stellung genommen. Patienten mit begrenzter Lebenserwartung (Herzinsuffizienz NYHA III und IV) dienen der Kontrolle.

Methode: 18.222 Patienten waren anamnestisch tumorfrei, 1.398 Patienten wiesen zum Zeitpunkt der Operation anamnestisch ein Darmkarzinom (n=318), Bronchialkarzinom (n=301), Prostatakarzinom (n=380) oder Ureter- und Blasenkarzinom (n=399) auf. 1.579 Patienten, bei denen vor der Operation eine Linksherzinsuffizienz Stadium NYHA III (n= 956) oder IV (n=623) diagnostiziert worden war, dienten der Kontrolle. Der mittlere Nachbeobachtungszeitraum der tumorfreien Patienten betrug 77,4 Monate, der der Tumorpatienten 60,8 Monate. Bei den Patienten mit Linksherzinsuffizienz waren es 59,2 Monate.

Ergebnisse: Die perioperative Letalität machte nach endovaskulärer Versorgung (EVAR) bei den tumorfreien Patienten 2,6% aus, bei den Karzinompatienten 3,9% (p=0,011). Nach offener Versorgung (OAR) verstarben von den tumorfreien Patienten 5,8%, bei den Karzinompatienten 8,2% (p=0,149). Die perioperative Letalität der Patienten mit NYHA III und IV war im Vergleich zu der Kontrolle signifikant erhöht, dies galt sowohl für EVAR mit 4,0% vs. 2,6% (p=0,006) als auch für OAR mit 13,7% vs. 5,4% (p=0,000). Insgesamt überlebten geschätzt 50,2% der tumorfreien Patienten und 35,1% der Patienten mit Tumor bis zum Ende des Follow-up. Patienten mit Bronchialkarzinom hatten das ungünstigste Überleben (24,1%). Herzinsuffiziente Patienten wiesen am Ende des Follow-up mit 32,4% im Vergleich zur Kontrolle mit 49,6% das signifikant schlechtere Überleben auf. (p=0,000).

Diskussion: Die vorliegende Studie zeigt, dass die perioperative Letalität bei Patienten mit Tumoranamnese höher als bei tumorfreien Patienten war, speziell wenn die Aneurysmen offen und nicht endovaskulär versorgt wurden. Eine Sterblichkeit nach 1 Jahr von 17,2% bei Patienten mit den genannten Tumoren übersteigt deutlich das Rupturrisiko und lässt die elektive offene Versorgung eines asymptomatischen Bauchaortenaneurysmas bei dieser Patientenklientel kaum begründen. Inwieweit dies bei Patienten mit Lungenkarzinom auch für das endovaskuläre Vorgehen gilt, ist nicht gewiss, aber sehr wahrscheinlich.

Implikation für die Versorgung: Die hohe Klinikletalität bei offener Versorgung von Patienten mit Herzinsuffizienz NYHA 3 und 4 macht es dringend erforderlich, dass diese Patienten ausschließlich in Schwerpunktzentren, wenn immer möglich endovaskulär, versorgt werden.