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22. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

04.10. - 06.10.2023, Berlin

Was erleichtert es Gesundheitsberufen, Sepsis-Wissen im Praxisalltag anzuwenden?

Meeting Abstract

  • Silke Piedmont - Medical School Brandenburg, Neuruppin, Deutschland; Zentrale Notaufnahme, Campus Benjamin Franklin, Berlin, Deutschland
  • Luisa Baier - Medical School Brandenburg, Neuruppin, Deutschland
  • Nastja Ullrich - Medical School Brandenburg, Neuruppin, Deutschland
  • Isabell Fitz - Medical School Brandenburg, Neuruppin, Deutschland
  • Evjenia Toubekis - Charité – Universitätsmedizin Berlin, Klinik für Anästhesiologie mit Schwerpunkt operativer Intensivmedizin, Berlin, Deutschland
  • Valentina Albrecht - Charité – Universitätsmedizin Berlin, Klinik für Anästhesiologie mit Schwerpunkt operativer Intensivmedizin, Berlin, Deutschland
  • Edmund Neugebauer - Medical School Brandenburg, Neuruppin, Deutschland

22. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 04.-06.10.2023. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2023. Doc23dkvf035

doi: 10.3205/23dkvf035, urn:nbn:de:0183-23dkvf0359

Veröffentlicht: 2. Oktober 2023

© 2023 Piedmont et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund und Stand der Forschung: Sepsis ist ein lebensbedrohlicher Notfall, der vergleichbar häufig auftritt wie ein Herzinfarkt. Im Projekt „SepsisWissen“ (https://www.sepsiswissen.de/) werden mittels einer Kampagne Angebote zur Prävention und Früherkennung der Sepsis implementiert. Ein intermediäres Ziel ist, bei Gesundheitsberufen sepsis-relevante Verhaltensänderungen bezogen auf

1.
sich selbst (z.B. eigenes Impf- und Hygieneverhalten) und
2.
ihr Beratungsverhalten zur Sepsis-Prävention und -Früherkennung zu bewirken.

Fragestellung und Zielsetzung, Hypothese: Anhand von Befragungen des Gesundheitspersonals wird analysiert, was es ihm erleichtert/erschwert, Sepsis-Wissen im Berufsalltag anzuwenden. Dieses Kontextwissen ist essenziell für die Interventionsdurchführung und Erfolgsmessung.

Methode: Bisher wurden 15 leitfaden-gestützte Interviews mit 16 Versorger*innen (Ärzt*innen, Pflege, MFA und Apotheker*innen) inhaltsanalytisch untersucht. Zudem wurden Schulungsteilnehmer*innen (gleiche Berufsgruppen + Rettungsdienst) quantitativ nachbefragt (aktuell n>150).

Ergebnisse: Ein erschwerender Faktor für die Früherkennung und Beratung liegt darin, dass das Syndrom Sepsis selbst für Gesundheitsberufe präklinisch schlecht zu erkennen ist. Damit ist es auch der Bevölkerung gegenüber schwierig zu kommunizieren. Teile der Befragten nutzen als Beratungsinstrument für Patient*innen eine im Projekt erstellte Checkliste zur Früherkennung oder – bei Unkenntnis – wünschen sie sich eine solche. Einige äußern, dass bei ihnen selbst eine höhere Kompetenz in der Kommunikation und Konfliktlösung hilfreich wäre (z.B. um Hygienemängel anzusprechen). Die meisten nennen Zeitdruck als Hindernis, um aktiver zur Sepsis zu beraten. Auf organisationaler, politischer Ebene werden als erschwerende Faktoren u.a. finanzielle Anreize gesehen („Aber die Prävention (…), daran verdient kaum einer.“), sektorale Zuständigkeiten, Mangel an Hausärzt*innen und Bürokratie. In den qualitativen wie quantitativen Befragungen sticht der Wunsch hervor, dass das Sepsis-Wissen der Bevölkerung durch allgemeine Aufklärung verbessert bzw. Fehlinformationen abgebaut werden, z.B. in Schulen oder über Medien.

Diskussion: Die Befragungen liefern wichtige Anregungen zur Kampagnenoptimierung, z.B. die Werbung für die Früherkennungscheckliste zu erhöhen oder bisherige Angebote zum Thema „Kommunikation“ auszubauen. Es bedarf weiterer Forschung, um Gesundheitsberufen bei der Fülle prähospitaler Screening-Instrumente Klarheit zu geben, welches Tool für die eigene Arbeit zu bevorzugen ist.

Implikation für die Versorgung: Organisationale und politische Hindernisse sollten an die Politik zurückgespiegelt werden. Dazu gehört auch der Bedarf, Präventions- und Beratungsleistung besser zu vergüten und die zeitlichen Ressourcen dafür zu ermöglichen.

Förderung: Innovationsfonds/Versorgungsforschung; 01VSF19020