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22. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

04.10. - 06.10.2023, Berlin

Evidenzinformierte Gesundheitspolitik in Deutschland: Ein Mangel an Kommunikation und Koordination zwischen akademischer Forschung und Institutionen des Gesundheitssystems?

Meeting Abstract

  • Charlotte M Kugler - Institut für Versorgungs- und Gesundheitssystemforschung (IVGF), Medizinische Hochschule Brandenburg Theodor Fontane, Rüdersdorf bei Berlin, Deutschland; Zentrum für Versorgungsforschung Brandenburg, Medizinische Hochschule Brandenburg, Rüdersdorf bei Berlin
  • Matthias Perleth - Gemeinsamer Bundesausschuss, Berlin
  • Tim Mathes - Institut für Medizinische Statistik, Universitätsmedizin Göttingen, Göttingen
  • Käthe Goossen - Institut für Forschung in der Operativen Medizin, Universität Witten/Herdecke, Köln
  • Dawid Pieper - Institut für Versorgungs- und Gesundheitssystemforschung (IVGF), Medizinische Hochschule Brandenburg Theodor Fontane, Rüdersdorf bei Berlin, Deutschland; Zentrum für Versorgungsforschung Brandenburg, Medizinische Hochschule Brandenburg, Rüdersdorf bei Berlin

22. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 04.-06.10.2023. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2023. Doc23dkvf127

doi: 10.3205/23dkvf127, urn:nbn:de:0183-23dkvf1277

Veröffentlicht: 2. Oktober 2023

© 2023 Kugler et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund und Stand der Forschung: Bei der Entscheidungsfindung im Gesundheitswesen sollte die beste verfügbare Evidenz berücksichtigt werden, die häufig in Form von systematischen Übersichtsarbeiten (SR) vorliegt. Die Anzahl der vorhandenen SRs und ihre Überschneidungen erschweren ihre Identifizierung und Nutzung. Entscheidungsträger:innen verlassen sich oft auf de novo SRs, anstatt bestehende SRs zu nutzen.

Fragestellung und Zielsetzung, Hypothese: Ziel des Beitrags ist die Reflektion der Kommunikation und Koordination zwischen akademischer und institutioneller Forschung in Deutschland.

Methode: Es werden zwei Fälle von doppelter Erstellung von SRs (Mindestmengen für Knie-Totalendoprothesen und Lungenkrebs-Screening) sowie ein Fall einer doppelten Primärdatenanalyse (Transkatheter-Aortenklappen-Implantation) vorgestellt.

Ergebnisse: Alle drei Fälle haben die Gemeinsamkeit, dass es zu einer unbeabsichtigten Duplizierung von Forschungsarbeiten zwischen Hochschulen und Institutionen des Gesundheitssystems kam. Dies zeigt einen Mangel an Kommunikation und Koordinierung zwischen den betroffenen Einrichtungen.

Diskussion: Es ist wichtig zu beachten, dass akademische Wissenschaft und Institutionen des Gesundheitssystems unterschiedliche Anreize haben. Akademische Forscher:innen werden häufig an der Zahl der Veröffentlichungen und der bewilligten Forschungsanträge gemessen. Im Gegensatz dazu müssen Institutionen des Gesundheitssystems Gesetze einhalten und werden beauftragt, einen bestimmten Bericht innerhalb eines festgelegten Zeitraums vorzulegen. Derzeit sind die meisten Duplikationen unbeabsichtigt. Eine Lösung des Problems könnte in der Förderung der Zusammenarbeit der Beteiligten liegen, die auch als ‚integrierte knowledge translation‘ (IKT) bezeichnet wird. Der IKT-Ansatz bedeutet, dass die Forschung in Zusammenarbeit mit den Endnutzer:innen der Forschungsergebnisse durchgeführt wird. Er erfordert eine aktive Zusammenarbeit zwischen Forscher:innen und Entscheidungsträger:innen oder Wissensnutzer:innen (Kliniker:innen, Manager) während des gesamten Forschungsprozesses.

Implikation für die Forschung: Wo immer eine Zusammenarbeit trotz der Anforderungen an die Unabhängigkeit oder Vertraulichkeit möglich ist, sollten rechtliche Regelungen die Zusammenarbeit zwischen akademischer Wissenschaft und Institutionen des Gesundheitssystems erleichtern und unterstützen.


Literatur

1.
Kugler CM, Perleth M, Mathes T, Goossen K, Pieper D. Evidence-based health policy in Germany: lack of communication and coordination between academia and health authorities? Systematic Reviews. 2023;12:36. DOI: 10.1186/s13643-023-02204-6 Externer Link