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22. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

04.10. - 06.10.2023, Berlin

Eine qualitative Erhebung der Versorgungsstrukturen für Patient:innen mit äthyltoxischer Leberzirrhose vor einer Lebertransplantation an deutschen Transplantationszentren

Meeting Abstract

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  • Annette Binder - Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Tübingen, Tübingen, Deutschland
  • Julia Fenchel - Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Tübingen, Tübingen, Deutschland
  • Immanuel Lang - Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Tübingen, Tübingen, Deutschland
  • Anil Batra - Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Tübingen, Tübingen, Deutschland

22. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 04.-06.10.2023. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2023. Doc23dkvf142

doi: 10.3205/23dkvf142, urn:nbn:de:0183-23dkvf1424

Veröffentlicht: 2. Oktober 2023

© 2023 Binder et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund und Stand der Forschung: Vor Listung zur Lebertransplantation (LTX) müssen Patient:innen mit äthyltoxischer Leberzirrhose mindestens 6 Monate Abstinenz nachweisen. Die entsprechende Betreuung erfolgt in Deutschland an spezialisierten Zentren. Bisher gibt es keine Erfassung der bestehenden Versorgungsstrukturen an LTX-Zentren für diese Patient:innengruppe.

Fragestellung und Zielsetzung, Hypothese: Ziel der Untersuchung ist es Versorgungs- und Kontrollstrukturen für Patient:innen mit äthyltoxischer Leberzirrhose an deutschen Transplantationszentren zu erfassen und zu beschreiben.

Methode: In einem explorativen, deskriptiven qualitativen Design wurden 11 Interviews mit Behandler:innen aus 10 der 22 deutschen LTX-Zentren geführt und inhaltsanalytisch ausgewertet.

Ergebnisse: Die Versorgungsstrukturen waren insgesamt uneinheitlich. Inhalte und Konzepte in der Versorgung variierten zwischen Beratung, Lotsenangeboten und suchtmedizinischer Behandlung. Das Engagement der LTX-Zentren in der Überwachung der Abstinenz war unterschiedlich: Einige Zentren nutzten unregelmäßige Einbestellungen zur strengen Überwachung, während andere nur an langfristig angekündigten Terminen mittels Urinanalyse kontrollierten. Auch der grundsätzliche Umgang mit dem Einsatz von Haaranalysen variierte stark. Strukturelle Barrieren entstanden durch eine unzureichende Finanzierung und personelle Ausstattung. Die Behandler:innen wünschten sich erweiterte Behandlungsangebote sowie vereinheitlichte Behandlungskonzepte.

Diskussion:Die Unterschiede in der Versorgung lassen sich am ehesten auf die historisch gewachsenen Strukturen der einzelnen LTX-Zentren zurückführen. Fehlende Vorgaben durch die Bundesärztekammer erklären möglicherweise unterschiedliche Praktiken im Einsatz von Urin- oder Haaranalysen. Zusätzlich verhindert unzureichendes Wissen bezüglich Suchttherapie und knappe personelle Ressourcen leitliniengerechten Angeboten zur Motivations- und Abstinenzförderung bzw. die Vermittlung in entsprechende heimatnahe Versorgungsstrukturen.

Implikation für die Versorgung: Durch das Fehlen einheitlicher Behandlungskonzepte entstehen einerseits Unterschiede in der Qualität der Versorgung und der Chance auf Listung für Patient:innen, andererseits führen diese zu Verunsicherung und Belastungen auf Seiten der Behandler:innen. Daher wäre es sinnvoll, in Zusammenarbeit der beteiligten Akteure allgemeingültige Behandlungskonzepte und Versorgungsrichtlinien zu erarbeiten. Zudem sollten Mindeststandards in der personellen Ausstattung und Expertise der LTX-Zentren festgelegt werden.