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22. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

04.10. - 06.10.2023, Berlin

Versorgung von Menschen mit Demenz mit Antidementiva in der BaCoM-Studie

Meeting Abstract

  • Jennifer Scheel-Barteit - Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Uniklinikum Erlangen, Allgemeinmedizinisches Institut, Erlangen, Deutschland
  • Maria Sebastiao - Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Uniklinikum Erlangen, Allgemeinmedizinisches Institut, Erlangen, Deutschland
  • Caroline Floto - Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Uniklinikum Erlangen, Allgemeinmedizinisches Institut, Erlangen, Deutschland
  • Philipp Hennigs - LMU Klinikum, Institut für Allgemeinmedizin, München, Deutschland
  • Thomas Kühlein - Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Uniklinikum Erlangen, Allgemeinmedizinisches Institut, Erlangen, Deutschland
  • Jochen Gensichen - LMU Klinikum, Institut für Allgemeinmedizin, München, Deutschland
  • Tobias Dreischulte - LMU Klinikum, Institut für Allgemeinmedizin, München, Deutschland

22. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 04.-06.10.2023. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2023. Doc23dkvf155

doi: 10.3205/23dkvf155, urn:nbn:de:0183-23dkvf1559

Veröffentlicht: 2. Oktober 2023

© 2023 Scheel-Barteit et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund und Stand der Forschung: Der Bayerische ambulante Covid-19 Monitor (BaCoM) untersucht die Versorgungssituation von Menschen mit Pflegebedarf in der Covid-19-Pandemie, während derer der Zugang zu medizinischer Versorgung erschwert war. Ein Teil dieser Menschen hat Demenz, ein Teil wiederum erhält Antidementiva. Für die Wirksamkeit von Antidementiva liegen oft nur geringe Effektstärken und eine fragliche klinische Relevanz vor. Außerdem haben sie oft Nebenwirkungen und können mit anderen Medikamenten interagieren.

Fragestellung und Zielsetzung, Hypothese: Wie war die Versorgung von pflegebedürftigen Menschen mit Demenz mit Antidementiva? Zeigen sich Unterschiede bezüglich kognitiver Leistungsfähigkeit, einer Covid-19-Infektion sowie Alter und Geschlecht?

Methode: BaCoM ist eine dreijährige Registerstudie und wurde 2021 gestartet. Halbjährlich werden Daten zum Gesundheitsstatus erhoben. Personen, die zur Baseline-Erhebung eine Demenzdiagnose haben und/oder ein Antidementivum erhalten, werden in die Auswertung eingeschlossen. Die Antidementiva-Versorgung wird anhand der Medikationspläne und die kognitive Beeinträchtigung anhand der Demenzdiagnose, des Six Item Screener (SIS) und des Montreal Cognitive Assessment (MoCA; nur bei Personen mit SIS≥4) untersucht.

Ergebnisse: Stand 05/2023 liegen Daten von 93 Personen vor, die eine Demenzdiagnose haben (87,1%) oder ohne Demenzdiagnose ein Antidementivum erhalten (12,9%). Das durchschnittliche Alter liegt bei 83,2±8,2 Jahren (62-100 Jahre), 64,5% sind weiblich.

Insgesamt erhalten 67,7% kein Antidementivum und 32,3% mindestens eines. Von diesen Personen bekommen 20,0% Donepezil, 16,7% Rivastigmin, 26,7% Ginkgo, 23,3% Memantin und 13,3% Donepezil + Memantin; 40,0% haben keine Demenzdiagnose, 36,7% eine nicht näher bezeichnete Demenz, 10,0% vaskuläre Demenz und 13,3% Alzheimer-Demenz. Zwischen den Personen mit vs. ohne Antidementiva zeigen sich keine signifikanten Unterschiede in Bezug auf Alter, Geschlecht, kognitive Leistungsfähigkeit und Covid-19-Infektion. Der Punkte-Range des SIS reicht von 0 bis 6 (MW±SD = 3,0±2,2; n=66). Der Punkte-Range des MoCA reicht von 11 bis 21 (SIS≥4).

Weitere Ergebnisse werden beim Kongress vorgestellt.

Diskussion: 32,3% der pflegebedürftigen Menschen mit Demenz erhalten mindestens 1 Antidementivum, obwohl der klinische Nutzen fraglich ist. Knapp 80% dieser mit Antidementiva versorgten Menschen haben entweder eine nicht näher bezeichnete Demenz oder gar keine Demenzdiagnose. Zudem haben Antidementiva ein Nebenwirkungs- und Interaktionspotential mit anderen Medikamenten. Vor allem durch Hochaltrigkeit, Multimorbidität und Polypharmazie kann ein ungünstiges Risiko-Nutzen-Verhältnis entstehen.

Implikation für die Versorgung: Pflegebedürftige Menschen mit Demenz könnten von einer regelmäßigen Reevaluation ihrer medikamentösen Versorgung und einem damit einhergehenden möglichen Deprescribing profitieren (geringere Anzahl einzunehmender Medikamente, Nebenwirkungen, Medikamenteninteraktionen).

Förderung: Einzelförderung (BMG, DRV, BMBF, DFG, etc); G45a-G8300-2021/257-2