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22. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

04.10. - 06.10.2023, Berlin

Prävalenz und Trends unangemessener Versorgungsleistungen in GKV-Routinedaten – Ergebnisse aus dem IndiQ-Projekt

Meeting Abstract

  • Meik Hildebrandt - Fachgebiet Management im Gesundheitswesen (MiG), Technische Universität Berlin
  • Hanna Ermann - Fachgebiet Management im Gesundheitswesen (MiG), Technische Universität Berlin
  • Lotte Dammertz - Fachbereich Epidemiologie und Versorgungsatlas, Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (Zi), Berlin
  • Peter Ihle - PMV Forschungsgruppe, Universität zu Köln
  • Monika Nothacker - Institut für Medizinisches Wissensmanagement (IMWi), Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e.V. (AWMF), Berlin
  • Udo Schneider - Techniker Krankenkasse (TK), Hamburg
  • Enno Swart - Institut für Sozialmedizin und Gesundheitssystemforschung (ISMG), Otto von Guericke Universität Magdeburg
  • Reinhard Busse - Fachgebiet Management im Gesundheitswesen (MiG), Technische Universität Berlin
  • Verena Vogt - Fachgebiet Management im Gesundheitswesen (MiG), Technische Universität Berlin

22. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 04.-06.10.2023. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2023. Doc23dkvf300

doi: 10.3205/23dkvf300, urn:nbn:de:0183-23dkvf3000

Veröffentlicht: 2. Oktober 2023

© 2023 Hildebrandt et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund und Stand der Forschung: Medizinische Leistungen, die keinen Nutzen für den Patienten aufweisen bzw. deren Potenzial für Schaden größer ist als der potenzielle Nutzen, gelten als unangemessen und nicht indiziert. Die Analyse der Prävalenz und Trends unangemessener Versorgung kann Handlungsbedarfe aufdecken, um die Effizienz des Gesundheitssystems zu erhöhen und potenzielle Schäden für die Patienten zu vermeiden.

Fragestellung und Zielsetzung, Hypothese: Im Innovationsfondsprojekt IndiQ – Entwicklung eines Tools zur Messung von Indikationsqualität in Routinedaten und Identifikation von Handlungsbedarfen und -strategien, werden Indikatoren zur Messung von unangemessener Versorgung in GKV-Routinedaten entwickelt. Damit können im nächsten Schritt Trends und regionale Variationen erfasst und Empfehlungen zur Verbesserung der Indikationsqualität formuliert werden.

Methode: Die Indikatoren im IndiQ-Projekt sind das Ergebnis eines mehrstufigen Prozesses, beginnend mit einem systematischen Review bestehender Indikatoren zur Messung unangemessener Versorgung. Anschließend erfolgte eine Vorauswahl von potenziell messbaren Indikatoren, bei der die Einschränkungen der GKV-Routinedaten, etwa die fehlende Kodierung von Symptomen, berücksichtigt wurden. In einem zweistufigen DELPHI Panel mit klinischen ExpertInnen wurden die so identifizierten und teilweise adaptierten Indikatoren klinisch überprüft. Zur Berechnung der Indikatoren wird die Schnittmenge aus als unangemessen klassifizierten Leistungen gegeben bestimmter Diagnosen, zeitlicher Abhängigkeiten, Altersgrenzen oder anderer Leistungen in den sektorenübergreifenden Abrechnungsdaten der Techniker Krankenkasse der Jahre 2018 bis 2021 gebildet. Falls inhaltlich möglich, wird der Indikator in einer sensitiven und spezifischen Version formuliert und so ein Intervall zur Eingrenzung des Umfangs potenziell unangemessener Versorgung berechnet.

Ergebnisse: Aus den 171 im systematischen Review extrahierten Indikatoren wurden 36 für die Messung in GKV-Routinedaten ausgewählt und operationalisiert. Sowohl das absolute Ausmaß unangemessener Versorgungsleistungen, als auch die relative Prävalenz unterscheidet sich zwischen den gemessenen Indikatoren deutlich. Bei vielen Indikatoren lässt sich ein rückläufiger Trend unangemessener Leistungen feststellen (z.B. Elektrotherapie bei Dekubitus, Opioidanalgetika bei unspezifischen Rückenschmerzen). Abseits des generellen Trends ist bei einigen Indikatoren ein besonders starker Rückgang mit Beginn der Covid-19-Pandemie zu beobachten (z.B. Antibiotika bei unkomplizierten Atemwegsinfekten).

Diskussion: Unangemessene Versorgung in GKV-Routinedaten zu messen ist mit Limitationen durch die Datenverknüpfung und Datenverfügbarkeit verbunden, aber möglich. Die Einschränkungen bei der Erstellung und Berechnung der Indikatoren zeigen mögliche Erweiterungen des Projekts auf, für die die jetzigen Ergebnisse die methodische Grundlage bilden.

Implikation für die Versorgung: Aus den Ergebnissen der Indikatoren können Handlungsbedarfe zur Reduktion unangemessener Versorgungsleistungen abgeleitet werden.

Förderung: Innovationsfonds/Versorgungsforschung; 01VSF19038