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22. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

04.10. - 06.10.2023, Berlin

Versorgung von Menschen mit atopischer Dermatitis oder Alopecia Areata in Deutschland: Eine Mixed-Methods-Studie mit qualitativen Interviews und Krankenkassendaten

Meeting Abstract

  • Toni Maria Janke - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, IVDP, Hamburg, Deutschland
  • Kristina Hagenström - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, IVDP, Hamburg, Deutschland
  • Katharina Müller - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, IVDP, Hamburg, Deutschland
  • Beke Hester - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, IVDP, Hamburg, Deutschland
  • Christine Blome - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, IVDP, Hamburg, Deutschland

22. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 04.-06.10.2023. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2023. Doc23dkvf340

doi: 10.3205/23dkvf340, urn:nbn:de:0183-23dkvf3400

Veröffentlicht: 2. Oktober 2023

© 2023 Janke et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund und Stand der Forschung: Atopische Dermatitis (AD, Neurodermitis) und Alopecia areata (AA, kreisrunder Haarausfall) sind häufige dermatologische Erkrankungen, die mit starken Beeinträchtigungen einhergehen. Leitlinien für AD sehen einen gestuften Behandlungsplan vor, beginnend mit Basispflege und Triggerreduktion über topische Glukokortikoide bis hin zu systemischen Therapien. Die Literatur weist auf unzureichende Leitlinientreue in der Behandlung hin, etwa zu häufiger Einsatz von Glukokortikoiden und zu seltener Einsatz neuerer Medikamente wie Biologika. Für AA ist eine Therapieleitlinie in Entwicklung; Therapien können die Krankheitsaktivität bremsen und Symptome lindern. Es ist keine Literatur zur Versorgungssituation in Deutschland verfügbar. Internationale Literatur weist auf einen geringen Anteil medikamentöser Behandlung hin.

Fragestellung und Zielsetzung, Hypothese: Beschreibung der Versorgung von AD und AA insbesondere hinsichtlich Medikation

Methode: Die Studie integriert Sekundärdatenanalysen und qualitative Interviews. Anhand von Daten der DAK-G aus den Jahren 2016–2020 wurden Verschreibungs- und Inanspruchnahmehäufigkeiten ausgewertet. Interviews mit Patient:innen und Dermatolog:innen wurden mit qualitativer Inhaltsanalyse nach Kuckartz analysiert. Ergebnisse aus beiden Quellen wurden genutzt, um Fragestellungen zu generieren, die anhand der jeweils anderen Datenquelle exploriert wurden.

Ergebnisse: Sekundärdaten umfassten 61.298 Personen mit AD und 4.692 Personen mit AA. Die am häufigsten verschriebene Medikamentengruppe waren topische Glukokortikoide (40,6% /35,0%), gefolgt von systemischen Antibiotika (27,9% /27,3%) und systemischen Glukokortikoiden (11.4% /11,1%). Biologika wurden nur 0,6% bzw. 0,2% der Patient:innen verschrieben. Glukokortikoide wurden häufig von Allgemeinärzt:innen, Calcineurin-Inhibitoren fast ausschließlich von Dermatolog:innen verschrieben. Es wurden Interviews mit 34 Patient:innen (17 AA, 14 AD, 3 beides; 28 weiblich; Alter 21-66) und 14 Dermatolog:innen (7 weiblich; 4 in der Klinik tätig; Alter 31-69) geführt. Dermatolog:innen nannten als Gründe für den Arztbesuch Angst und Sorge sowie den Wunsch nach Informationen zur Erkrankung und nach Besserung. Bei AA spielten darüber hinaus Infektionen und Stress eine Rolle, bei AD neue Lebensabschnitte, Erkrankungsverschlechterung und Einholen einer Zweitmeinung. Patient:innen berichteten eine Aversion gegen Cortison bei fehlenden Alternativen, das Problem, gute Ärzt:innen zu finden und mangelnde ärztliche Empathie. Behandlungswege unterscheiden sich stark. Insbesondere Patient:innen mit AA wägten Erkrankungsbeeinträchtigungen und mögliche Nebenwirkungen neuer Therapieoptionen sorgfältig ab. Die Einstufung der AA als Lifestyle-Krankheit wurde kritisiert und Unterschiede in der Bezuschussung von Perücken und Haarteilen bemängelt.

Diskussion: Die Integration zweier Datenquellen erwies sich als fruchtbarer Ansatz, um mögliche Erklärungen für quantitative Ergebnisse zu finden sowie berichtete Einzelerlebnisse zu quantifizieren.

Implikation für die Versorgung: Aus den Ergebnissen werden Handlungsempfehlungen für die Praxis abgeleitet.

Förderung: Sonstige Förderung; Pfizer Grant 70048815