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22. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

04.10. - 06.10.2023, Berlin

Der Hamburger Gesundheitskiosk – erfolgreiche Implementierung führt zu mehr Gerechtigkeit in der Gesundheitsversorgung

Meeting Abstract

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  • Alexander Fischer - Gesundheit für Billstedt/Horn UG, Hamburg, Deutschland

22. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 04.-06.10.2023. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2023. Doc23dkvf443

doi: 10.3205/23dkvf443, urn:nbn:de:0183-23dkvf4433

Veröffentlicht: 2. Oktober 2023

© 2023 Fischer.
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Gliederung

Text

Hintergrund und Stand der Forschung: Die Stadtteile Billstedt und Horn gehören zu den ärmsten Stadtteilen Hamburgs und sind charakterisiert durch eine überdurchschnittlich hohe Anzahl sozioökonomisch und kulturell benachteiligter Bewohner:innen. Verschärft werden deren Probleme häufig durch eine mangelnde medizinische Versorgung. Eine weitere Verschärfung der Problemlage besteht in der mangelnden Ausrichtung der Leistungsangebote im deutschen Gesundheitssystem auf die Bedürfnisse sozial benachteiligter Bevölkerungsgruppen. Die Diskrepanz zwischen empfohlener Versorgung und der Versorgungsrealität, die international als „Gaps in Care“ bezeichnet werden, führt in Billstedt/Horn zu einer systematischen Unterversorgung. Auf diesem Hintergrund wurde das niedrigschwellige, populationsorientierte Konzept des Gesundheitskiosks entwickelt und nunmehr seit mehr als fünf Jahren umgesetzt.

Fragestellung und Zielsetzung, Hypothese: Das Ziel der neuen Versorgungsform besteht darin, die Versorgungssituation der Stadtteile durch die Entwicklung und Implementierung eines niedrigschwelligen und wohnortnahen medizinisch-pflegerischen Versorgungsangebotes im Arzt-Pflege-Tandem zu verbessern und damit die im § 70 SGB V formulierten Ziele - Qualität, Humanität und Wirtschaftlichkeit – in der sozial benachteiligten Großstadtregion Billstedt/Horn zu erreichen. Dieses regionale, integrierte und populationsorientierte Versorgungsmodell richtete den Focus auf Prävention, Gesundheitsförderung und –erhaltung und adressiert als Zielgruppe zunächst alle Versicherten der teilnehmenden Krankenkassen in Billstedt und Horn, künftig die Versicherten aller gesetzlichen und privaten Krankenkassen.

Ergebnisse: Die Evaluation durch das HCHE der Universität Hamburg zeigt u.a., dass die neue Versorgungform (NVF) eine Verbesserung des Zugangs zur ambulanten Versorgung in Billstedt und Horn bewirken konnte: Die Anzahl der Arztbesuche ist in der Interventionsgruppe gegenüber der Kontrollgruppe um durchschnittlich 1,9 Besuche pro Versicherten pro Jahr gestiegen (p < 0,05) während gleichzeitig die ASK-Rate in der Interventionsgruppe um 18,8 Prozentpunkte im Vergleich zur Kontrollgruppe sank. (p < 0,05). Auch die mittlerweile drei Jahre andauernde Praxis des Gesundheitskiosks nach der INVEST-Förderung zeigt deutlich, dass die NVF von über 6000 Patient:innen sowie Ärztinnen und Ärzten sehr gut angenommen wird. Dies ist auch in der hochqualifizierten akademischen Ausbildung der Community Health Nurse im Gesundheitskiosk begründet.

Diskussion: Auf dem Hintergrund der geplanten gesetzlich geregelten Ausweitung des Modells auf deprivierte großstädtische Regionen in ganz Deutschland ist zu diskutieren, welche Rahmenbedingungen und qualitativen Standards für den erfolgreichen Betrieb von Gesundheitskiosken in ganz Deutschland gesetzt werden sollten.

Implikation für die Versorgung: Mit der bundesweiten Einführung von Gesundheitskiosken wird die medizinische Versorgung der Menschen in sozial benachteiligten Regionen verbessert