gms | German Medical Science

22. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

04.10. - 06.10.2023, Berlin

Selbstberichtete finanzielle Schwierigkeiten ein Jahr nach Beginn einer Darmkrebsbehandlung – erste Ergebnisse von mehr als 4500 Patient*innen aus DKG-zertifizierten Darmkrebszentren

Meeting Abstract

  • Nora Tabea Sibert - Deutsche Krebsgesellschaft e.V., Berlin, Deutschland
  • Clara Breidenbach - Deutsche Krebsgesellschaft e.V., Berlin, Deutschland
  • Simone Wesselmann - Deutsche Krebsgesellschaft e.V., Berlin, Deutschland
  • Christoph Kowalski - Deutsche Krebsgesellschaft e.V., Berlin, Deutschland

22. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 04.-06.10.2023. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2023. Doc23dkvf444

doi: 10.3205/23dkvf444, urn:nbn:de:0183-23dkvf4448

Veröffentlicht: 2. Oktober 2023

© 2023 Sibert et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Gliederung

Text

Hintergrund und Stand der Forschung: Krebserkrankungen haben nicht nur weitreichende somatische Folgen für Betroffene, sondern können auch mit einer erheblichen finanziellen Belastung einhergehen, bspw. durch Kosten von Behandlungen oder Einschränkungen der Arbeitsfähigkeit. Zwar ist bekannt, dass Krebsbetroffene mit einem erhöhten Armutsrisiko rechnen müssen, allerdings gibt es wenig quantitative Analysen aus dem deutschen Versorgungskontext zu spezifischen Patient*innencharakteristika, mit denen eine Verschlechterung der finanziellen Situation nach einer Krebserkrankung und -behandlung einhergeht. Insbesondere fehlen Analysen mit Daten, für die Werte vor Beginn einer Behandlung vorliegen.

Fragestellung und Zielsetzung, Hypothese: In welchen Eigenschaften (klinisch und sozioökonomisch) unterscheiden sich Darmkrebspatient*innen mit und ohne selbstberichtete finanzielle Schwierigkeiten ein Jahr nach Beginn ihrer Behandlung?

Methode: Auf Grundlage von Daten aus der deutschlandweiten EDIUM-Studie („Ergebnisqualität bei Darmkrebs – Identifikation von Ursachen und Maßnahmen zur flächendeckenden Qualitätsentwicklung“) bei Darmkrebspatient*innen, die in einem DKG-zertifizierten Darmkrebszentrum behandelt werden, wird das patient*innenberichtete Item „Finanzielle Schwierigkeiten“ ein Jahr nach Behandlungsbeginn (T1) aus dem EORTC QLQ-C30 Fragebogen stratifiziert nach klinischen (z.B. Tumorstatus), demographischen (Geschlecht, Alter) und sozioökonomischen (Bildungs-, Versicherungsstatus, Staatsbürgerschaft) untersucht.

Ergebnisse: Von insgesamt n = 4.533 Patient*innen aus n = 119 zertifizierten Darmkrebszentren mit je einem Fragebogen zu T0 und T1 gaben n = 3,762 Patient*innen (83%) vor Beginn ihrer Behandlung (T0) an, keine finanziellen Schwierigkeiten zu haben. Von diesen hatten ein Jahr nach Beginn der Behandlung 918 (25%) selbstberichtete finanzielle Schwierigkeiten. Dabei war der Anteil derjenigen, die finanzielle Schwierigkeiten an gaben unter Männern höher als unter Frauen (26% vs. 22%), bei jüngeren Patient*innen (< 60 Jahre) höher als bei älteren (42% vs. 20%), bei Patient*innen mit schwerwiegender Erkrankung (UICC-Stadium 3 oder 4) höher als bei niedrigeren (32% vs. 20%) sowie höher bei Patient*innen mit keinem, einem Haupt- oder Realschulabschluss im Vergleich zu einem höheren Schulabschluss (26% vs. 20%).

Diskussion: Die deskriptiven Ergebnisse unterstreichen zum einen, dass ein relevanter Anteil der befragten Patient*innen durch die Behandlung und/oder die Erkrankung finanzielle Schwierigkeiten angibt – auch ein Jahr nach Beginn der Behandlung. Diese scheinen vor allem sozioökonomisch generell vulnerablere Gruppen wie bspw. Menschen mit niedrigerem Bildungsstatus zu betreffen, was sich durch geringere Absicherungsmöglichkeiten erklären lassen könnte. Das niedrigere Alter spricht dafür, dass insbesondere erwerbstätige Patient*innen betroffen sind.

Implikation für die Versorgung: Eine frühzeitige Identifizierung von Patient*innen, die ein erhöhtes Armutsrisiko haben durch eine Krebserkrankung sollte zu einer situationsgerechten Beratung bspw. durch den Sozialdienst und der Aufzeigung von Unterstützungsangeboten etc. führen.