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22. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

04.10. - 06.10.2023, Berlin

Wohnungslose Frauen in der stationären Krankenversorgung: Welche Faktoren beeinflussen ihre Verweildauer?

Meeting Abstract

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  • Renate Karpenko - Charité Campus Mitte, Berlin, Deutschland
  • Liane Schenk - Charité Campus Mitte, Berlin, Deutschland
  • Sonia Lech - Charité Campus Mitte, Berlin, Deutschland
  • Daniel Schindel - Charité Campus Mitte, Berlin, Deutschland

22. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 04.-06.10.2023. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2023. Doc23dkvf446

doi: 10.3205/23dkvf446, urn:nbn:de:0183-23dkvf4463

Veröffentlicht: 2. Oktober 2023

© 2023 Karpenko et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund und Stand der Forschung: Die Zahl wohnungsloser Menschen in Deutschland steigt, darunter der Anteil an Frauen. Es mangelt dennoch an ausreichenden Daten zur Gesundheit sowie Versorgungsstruktur dieser vulnerablen Gruppe. Insbesondere weibliche Personen sind in der Versorgungsforschung in diesem Feld bisher unterrepräsentiert.

Fragestellung und Zielsetzung, Hypothese: Beschreibung der soziodemografischen Merkmale sowie medizinischen Situation wohnungsloser Frauen in Berlin Mitte. Identifikation von Risikofaktoren für eine erhöhte Morbidität und prolongierte Krankenhausaufenthaltsdauer.

Methode: Retrospektive Sekundärdatenanalyse von Patientinnenakten des ambulanten Gesundheitszentrums der Jenny De la Torre-Stiftung in Berlin Mitte und der darin enthaltenen Krankenhausentlassungsbriefe. Eingeschlossen wurden Patientinnenakten der Jahre 2006 bis 2020. Die Analyse der Krankenhausbehandlungsdauern erfolgt deskriptiv und induktiv entsprechend soziodemografischer sowie medizinischer Faktoren. Mittels Regressionsmodellen werden Assoziationen zwischen Patientinnenmerkmalen und Krankenhausaufenthaltsdauern berechnet.

Ergebnisse: Im Rahmen der Studie „GIG – Gesundheit wohnungsloser Menschen in Berlin“ konnten 3.338 Patient:innenakten, davon 21,6% (n=716) Frauen, digitalisiert werden. Häufigste Behandlungsanlässe unter Frauen waren Hauterkrankungen (16,2%), Atemwegserkrankungen (15,7%) sowie Verletzungen (14,6%). Bei Auswertung der Krankenhausentlassungsbriefe wurde beobachtet, dass Frauen eine prolongierte Aufenthaltsdauer zeigten und häufiger die Empfehlung zur Weiterbehandlung erhielten. Weiterführende Analysen zu mit prolongierten Aufenthaltsdauern assoziierten Patientinnenmerkmalen liegen zum Kongress vor.

Diskussion: Einer deutschen Übersichtsarbeit folgend liegt der Anteil eingeschlossener Frauen in Studien zur Gesundheit wohnungsloser Menschen zwischen 0% und 35,3% (Schindel et al. 2020). Aktuelle Studien wie die POINT Studie des RKI zur Prävalenz von Infektionserkrankungen unter Wohnungslosen oder die NAPSHI Studie des UKE zu psychischen und somatischen Erkrankungen berichten ebenfalls geringe Anteile an Frauen (11% bzw. 18,2%). Häufig erfolgt keine Differenzierung der Morbiditätslast nach Geschlecht und Prävalenzen werden lediglich für die Gesamtpopulation angegeben. Europaweit ist die Datenlage ebenso mangelhaft. Beier et al. (2009) berichten, dass Frauen in Stockholm (Schweden) häufiger aufgrund von Erkrankungen des Blutes, Infektionen, genitourethralen Erkrankungen, Augenerkrankungen, Hauterkrankungen sowie Neoplasien stationär eingewiesen wurden. Analoge Daten aus Deutschland fehlen bisher.

Implikation für die Versorgung: Wohnungslose Frauen bleiben in der Versorgungsforschung stark unterrepräsentiert. Sie unterscheiden sich in ihrer Morbidität von Männern, ihre Versorgung erfordert spezifische Versorgungsangebote. Die Identifikation von mit verlängerten Krankenhausaufenthaltsdauern assoziierten Faktoren liefert Hinweise für die künftige Gestaltung präventiver sowie kurativer Maßnahmen.

Förderung: Sonstige Förderung; Paritätischer Wohlfahrtsverband LV Berlin e.V.