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22. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

04.10. - 06.10.2023, Berlin

Unterschiede in Inkontinenz-, erektile Dysfunktions- und biochemischer Rezidivrate ein Jahr nach radikaler Prostatektomie – Casemix-adjustierte klinische und patient-reported Outcomes von 116 zertifizierten Prostatakrebszentren

Meeting Abstract

  • Nora Tabea Sibert - Deutsche Krebsgesellschaft e.V., Berlin, Deutschland
  • Clara Breidenbach - Deutsche Krebsgesellschaft e.V., Berlin, Deutschland
  • Simone Wesselmann - Deutsche Krebsgesellschaft e.V., Berlin, Deutschland
  • Sebastian Dieng - Onkozert GmbH, Neu-Ulm, Deutschland
  • Günter Feick - Bundesverband Prostatakrebs Selbsthilfe e.V., Bonn, Deutschland
  • Ernst-Günther Carl - Bundesverband Prostatakrebs Selbsthilfe e.V., Bonn, Deutschland
  • Christoph Kowalski - Deutsche Krebsgesellschaft e.V., Berlin, Deutschland

22. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 04.-06.10.2023. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2023. Doc23dkvf456

doi: 10.3205/23dkvf456, urn:nbn:de:0183-23dkvf4569

Veröffentlicht: 2. Oktober 2023

© 2023 Sibert et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund und Stand der Forschung: Prostatakrebs ist der häufigste Krebs bei Männern in Deutschland. Durch vergleichsweise hohe Überlebensraten (ca. 89% 5-Jahres-Überleben in 2020) rücken in der Beurteilung der Behandlungsqualität neben dem Überleben vor allem Einschränkungen der Harnkontinenz und der Sexualitätsfunktion sowie das Wiederauftreten der Krebserkrankung in den Vordergrund. Diese drei Indikatoren (Kontinenz, erektile Funktion, biochemisches Rezidiv (BCR)) werden in der Urologie im sog. Trifecta-Modell zusammen betrachtet. Für die deutsche Versorgung liegen Auswertungen dazu noch nicht vor und auch international fehlt es an Daten, die für relevante Charakteristiken adjustiert wurden.

Fragestellung und Zielsetzung, Hypothese: Unterscheiden sich Prostatakrebszentren in ihrer Behandlungsqualität ein Jahr nach radikaler Prostatektomie hinsichtlich der Trifecta-Indikatoren voneinander?

Methode: Datengrundlage ist die „Prostate Cancer Outcomes“ Studie, die seit 2016 an DKG-zertifizierten Zentren durchgeführt wird. Hierbei werden Prostatakrebspatienten vor Beginn ihrer Behandlung (T0) und ein Jahr nach Behandlungsbeginn (T1) mithilfe des EPIC-26 Fragebogens zu Prostatakrebs-spezifischen Symptomen und Funktionen sowie zu soziodemographischen Items befragt. Diese Befragungsdaten werden anschließend verknüpft mit klinischen Daten aus der Qualitätssicherung. Für die vorliegenden Analysen wurden Casemix-adjustierte Kontinenz-, erektile Funktions- und BCR-Raten pro Zentrum auf Grundlage von logistischen Regressionsmodellen berechnet (Adjustoren: Alter, gruppe, Komorbiditäten, Versicherungs- und Bildungsstatus, Staatsbürgerschaft, Therapie vor OP), verglichen und mit der Fallzahl in Zusammenhang gebracht.

Ergebnisse: Insgesamt n=18.452 operierte Patienten mit einem Fragebogen zu T1 aus 125 Prostatakrebszentren konnten eingeschlossen werden. Die adjustierte Kontinenzrate (T1, d.h. der Patient benötigt keine Einlagen) pro Zentrum lag im Median bei 55% (IQR: 47 – 62%), die Rate für erektile Funktion (T1) bei 34% (IQR: 25 – 42%) und die Rate für ein BCR (T1) bei 0,1% (IQR: 0,0 – 0,4%), wobei die root mean squared errors für die dazugehörigen Modelle die folgenden waren: 0,48 (Kontinenz), 0,46 (erektile Dysfunktion) und 0,24 (BCR). Für erektile Funktion konnte ein deskriptiver Zusammenhang zwischen Primärfallzahl eines Zentrums und adjustierter Rate (Spearman-Korrelationskoeffizient: 0,37, p < 0,05) gefunden werden.

Diskussion: Es zeigte sich eine große Heterogenität in den Ergebnisqualitätsindikatoren Kontinenz, erektile Dysfunktion und biochemisches Rezidiv der eingeschlossenen Prostatakrebszentren – auch nach Casemix-Adjustierung. Dabei sind keine eindeutigen Muster erkennbar, die Versorgungsdefizite in allen drei erfassten Bereichen einschließen. Für die erektile Funktion scheint es Hinweise auf einen Mengeneffekt zu geben.

Implikation für die Versorgung: Das dargestellte Verfahren eignet sich zur Qualitätsmessung und transparenten zentrumsindividuellen Rückspiegelung im Sinne eines Qualitätsmanagementprozesses, wodurch zielgerichtete Maßnahmen eingeleitet werden können, um evtl. bestehende Versorgungsdefizite zu adressieren.