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22. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

04.10. - 06.10.2023, Berlin

Qualitätsindikatoren aus Routinedaten der ambulanten Versorgung am Beispiel der Versorgung von Patient*innen mit Bluthochdruck

Meeting Abstract

  • Christoph Strumann - Institut für Allgemeinmedizin, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein Campus Lübeck, Lübeck
  • Wolfgang von Meißner - Institut für Allgemeinmedizin, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein Campus Lübeck, Lübeck; Hausärzte am Spritzenhaus, Baiersbronn
  • Paul Blickle - Institut für Allgemeinmedizin, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein Campus Lübeck, Lübeck; Hausärzte am Spritzenhaus, Baiersbronn
  • Jost Steinhäuser - Institut für Allgemeinmedizin, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein Campus Lübeck, Lübeck

22. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 04.-06.10.2023. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2023. Doc23dkvf533

doi: 10.3205/23dkvf533, urn:nbn:de:0183-23dkvf5332

Veröffentlicht: 2. Oktober 2023

© 2023 Strumann et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund und Stand der Forschung: Für die stationäre Versorgung hat sich die Nutzung von Routinedaten für die Qualitätssicherung fest etabliert. Qualitätsindikatoren existieren auch für die ambulante Versorgung – allerdings können diese bisher nicht ohne großen Aufwand aus den Routinedaten der Praxisinformationssysteme gewonnen werden.

Fragestellung und Zielsetzung, Hypothese: Inwieweit können Qualitätsindikatoren mithilfe von Routinedaten aus der hausärztlichen Versorgung abgebildet werden?

Methode: In der retrospektiven Kohortenstudie wurden Routinedaten (von 2016 bis zum ersten Quartal 2022) aus acht Hausarztpraxen, die aus dem überregionalen Versorgungsforschungsverbund (Supraregional Health Service Research Network-SHRN) rekrutiert wurden, analysiert. Die Praxisdaten konnten direkt aus den Praxisverwaltungssystemen in anonymisierter Form exportiert und anschließend für die Analyse aufbereitet werden. Die Analyse konzentrierte sich auf die Qualität der Versorgung von neu diagnostizierten Hypertonikern vor und nach Ausbruch der Pandemie, die über eineinhalb Jahre nach ihrer ersten chronisch diagnostizierten Hypertonie beobachtet wurden. Grundlage sind die Indikatoren des „Qualitätsindikatorensystems für die ambulante Versorgung (QiSA)“.

Ergebnisse: Insgesamt wurden 30.691 Patient*innen zwischen 2016 und dem ersten Quartal 2022 in einer der teilnehmenden Praxen behandelt, von denen 2.023 vor und 484 nach dem Ausbruch der Pandemie eine Bluthochdruckerkrankung diagnostiziert bekamen. Fünf der elf QiSA-Indikatoren konnten für die Analyse herangezogen werden. Während ein Drittel der Patient*innen (n=651) keine blutdrucksenkenden Medikamente erhielt, wurde fast die Hälfte (n=914) mit einer Kombinationstherapie medikamentös behandelt. Vor dem Ausbruch der Pandemie hatten 25,7% der Patient*innen einen Bluthochdruck von über 140/90 mmHg. Dieser Anteil erhöhte sich nach dem Ausbruch der Pandemie auf 38,6%. Der Anteil der Patient*innen, bei denen eine Blutdruckmessung durchgeführt wurde, stieg nach dem Ausbruch der Pandemie von 63% auf 87% an.

Diskussion: Die Untersuchung zeigt, dass das Erheben von Qualitätsindikatoren zur Versorgung von Patient*innen mit Bluthochdruck mithilfe von Routinedaten möglich ist. Diese Qualitätsindikatoren könnten den jeweiligen Praxen ohne großen Aufwand zurückgespiegelt werden, um die Versorgungsqualität zu optimieren. Indikatoren, die sich auf die Struktur der individuellen Praxis oder Schulungen beziehen, konnten nicht abgebildet werden. Der Ausbruch der Pandemie hat zu einer starken Zunahme der Durchführung von Blutdruckmessungen geführt. Vor der Pandemie erreichten knapp die Hälfte der Patient*innen einen Wert von unter 140/90mmHg.

Implikation für die Forschung: Qualitätsindikatoren lassen sich auf Basis von Routinedaten auch für die ambulante Versorgung abbilden, ohne Extraaufwand für den laufenden Praxisbetrieb. So können Maßnahmen zur Optimierung der Versorgung oder Erhebungen zu den Auswirkungen von externen Ereignissen (wie gesundheitspolitische Maßnahmen oder eine Pandemie) auf die Qualität in der ambulanten Versorgung analysiert werden.