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22. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

04.10. - 06.10.2023, Berlin

Förderliche und hinderliche Faktoren der Rekrutierung von Hausärzt*innen im Projekt HandinHand

Meeting Abstract

  • Swantje Seismann-Petersen - Universität zu Köln, Medizinische Fakultät und Uniklinik Köln, Institut für Pflegewissenschaft, Köln, Deutschland
  • Merle Marie Borrello - Universität zu Lübeck, Institut für Sozialmedizin und Epidemiologie, Sektion Forschung und Lehre in der Pflege, Lübeck, Deutschland
  • Emma Schlegel - Universität zu Köln, Medizinische Fakultät und Uniklinik Köln, Institut für Pflegewissenschaft, Köln, Deutschland
  • Simone Inkrot - Universität zu Lübeck, Institut für Sozialmedizin und Epidemiologie, Sektion Forschung und Lehre in der Pflege, Lübeck, Deutschland
  • Sascha Köpke - Universität zu Köln, Medizinische Fakultät und Uniklinik Köln, Institut für Pflegewissenschaft, Köln, Deutschland

22. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 04.-06.10.2023. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2023. Doc23dkvf556

doi: 10.3205/23dkvf556, urn:nbn:de:0183-23dkvf5564

Veröffentlicht: 2. Oktober 2023

© 2023 Seismann-Petersen et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund und Stand der Forschung: Aufgrund der Zunahme älterer Menschen mit chronischen Krankheiten und des Mangels an pflegerischem und medizinischem Fachpersonal gilt es, Versorgungsstrukturen innovativ an die Gesundheitsbedürfnisse und -bedarfe dieser Zielgruppe anzupassen. In Delegations- und Substitutionsmodellen wird daher erprobt, wie diese in der Primärversorgung gestärkt werden können. Die Teilnahme von Hausärzt*innen (HÄ) ist dabei zwingend erforderlich, deren Rekrutierung ist jedoch herausfordernd. Im Projekt HandinHand (HiH) führten akademisch qualifizierte Pflegeexpert*innen (PE) über einen Zeitraum von sechs Monaten Hausbesuche bei Menschen >60 Jahre mit chronischen Erkrankungen auf der Grundlage eines ärztlich abgestimmten Versorgungsplans durch.

Fragestellung und Zielsetzung, Hypothese: Im Rahmen einer Mixed-Methods-Prozessevaluation wurden u.a. hinderliche und förderliche Faktoren der Rekrutierung von HÄ untersucht.

Methode: Ein logisches Modell angelehnt am MRC Framework für komplexe Interventionen diente als Basis für die Datenerhebung und -auswertung. Während des Projektverlaufs wurden mit Interventionsbeteiligten sowie Stakeholdern Interviews (n=123), Fokusgruppen (FG; n=2) sowie (Online-) Befragungen (n=12) durchgeführt. Zur Identifikation relevanter Faktoren der Rekrutierung wurden die Daten im Hinblick auf Rekrutierungsmethoden, -strategien und deren Einflussfaktoren analysiert. Die Auswertung orientierte sich an der Framework Analysis nach Ritchie & Spencer.

Ergebnisse: In 16 Interview- bzw. FG-Transkripten konnten aus sechs Perspektiven (HÄ, PE, PE Leitung, Angehörige, Studienleitung, andere Gesundheitsdienstleistende) Aussagen zur Rekrutierung identifiziert werden. Hinderliche und förderliche Faktoren wurden fünf Kategorien zugeordnet: Individuelle Einstellungen und Erwartungen an die Intervention/das Projekt, praxis-, projekt- und kontextbezogene Faktoren sowie Rekrutierungsstrategien. In der Mehrzahl wurden hinderliche Faktoren beschrieben. Diese bezogen sich u.a. auf die individuellen Einstellungen und Erwartungen der HÄ, die Vorbehalte gegenüber der neuen Versorgungsform äußerten und haftungsrechtliche Bedenken angaben. Als förderlich im Hinblick auf die Rekrutierung wurden die persönliche Ansprache durch die Studienleitung oder andere Kolleg*innen sowie die Nutzung unterschiedlicher Medien zur Öffentlichkeitsarbeit genannt.

Diskussion: Vorbehalte gegenüber der HiH Intervention als Delegationsmodell, das viel Eigenverantwortung auf Seiten der PE vorsieht, scheint die individuellen Einstellungen und Erwartungen der HÄ an das Projekt und damit an ihre Teilnahmebereitschaft zu beeinflussen. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass umfängliche Informationen im Zusammenhang mit persönlichen Gesprächen und Beziehungen in HÄ-Netzwerken eine erfolgreiche Rekrutierung fördern könnten.

Implikation für die Versorgung: Ein umfangreiches Informations- und Kommunikationskonzept scheint notwendig zu sein, um Vorbehalte gegenüber Versorgungsstrukturen, in denen PE eine komplementäre Rolle einnehmen, zu reduzieren und eine höhere HÄ-Beteiligung an Versorgungsforschungsprojekten zu erreichen.

Förderung: Innovationsfonds/Versorgungsforschung; 01NVF17047