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Umsetzbarkeit der Breiten Einwilligung (Broad Consent – BC) in vier Notaufnahmen – wer wurde erreicht und willigte ein?
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Veröffentlicht: | 2. Oktober 2023 |
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Hintergrund und Stand (inter)nationaler Forschung: Für die medizinische Forschung und daraus resultierende Entwicklung der Versorgung ist es wichtig Infrastrukturen zur Erfassung von Gesundheitsdaten zu schaffen. Eine Grundlage dafür ist die informierte Einwilligung der Patient*innen. Die Medizininformatik-Initiative (MI-I) hat ein Formular für eine solche Einwilligung entworfen, welches sowohl Patient*innen- und Versicherungsdaten sowie Biomaterialien und Rekontaktierung modular umfasst. Durch die frühzeitige Rekrutierung von Patient*innen in der Notaufnahme können Engpässe bei der Rekrutierung vermieden werden, aber noch wichtiger ist es ein breites Patient*innenklientel zu erreichen und so Selektionsverzerrungen zu vermeiden. Es bietet sich so die Möglichkeit ambulante als auch stationäre Patient*innen verschiedenster Krankheitsentitäten anzusprechen.
Fragestellung und Zielsetzung: Kann der BC zur Datenspende in dem herausfordernden Setting der Notaufnahme umgesetzt werden?
Methode oder Hypothese: Die Umsetzbarkeit wurde an vier universitären Klinikstandorten adressiert. Es wurde pragmatisch jede/r 5. (Berlin, Regensburg, Lübeck) /30. (Freiburg) Patient*in versucht zu kontaktieren, um einen Selektionsbias zu vermeiden und zu ermitteln, welche Patient*innen in der Notaufnahme erreicht werden. Anhand von Fragebögen wurden nach der Einwilligung die Motivation, die Freiwilligkeit, das Verständnis sowie die generelle Umsetzbarkeit aus Sicht der Patient*innen und der Studienassistenz erfasst.
Ergebnisse: Es wurden insgesamt 1.138 Patient*innen kontaktiert, wovon 550 ansprechbar waren (48,2%), davon 316 Patient*innen dem Aufklärungsprozess zum BC zustimmten (27,8%) und final 214 in mindestens eines der Module einwilligten (18,8%). Die Top 3 Gründe für Nicht-Einwilligungsfähigkeit waren Sprachbarriere (35,4%), fehlende Fähigkeit der Erfassung, Bedeutung und Tragweite der Studie (21,5%) und Minderjährigkeit (14,4%). Die Top 3 Gründe für Nicht-Ansprechbarkeit waren das Nicht-Antreffen (56,4%), ein sich verschlechternder/zu schlechter gesundheitlicher Zustand (18,2%) und die medizinische Behandlung (13,6%). Die führenden drei Gründe für Nicht-Einwilligung waren die/der Patient*in fühlt sich nicht in der Lage (59,9%), hat kein Interesse an dieser Studie (15,1%) und lehnt eine Studienteilnahme generell ab (10,3%). Bezüglich der Motivation zur Einwilligung gaben 62,3% an, generell die Forschung unterstützen zu wollen, 56,6% wollten künftigen Patient*innen helfen und 25,6% willigten ein, da sie eigene Vorteile durch die Forschung sehen.
Diskussion und Praktische Implikationen: Es zeigt sich, dass auch in der herausfordernden Aufklärungsumgebung wie der Notaufnahme über die Hälfte der angesprochenen Patient*innen in den BC einwilligten. Die Motivation der Patient*innen scheint sehr hoch zu sein, mit einer Datenspende den medizinischen Fortschritt zu unterstützen.
Appell für die Praxis in einem Satz: Der Einsatz des BC im Setting der Notaufnahme ist möglich, wenn entsprechende Ressourcen (geschultes Personal, ruhiges Umfeld), sowie die logistische Infrastruktur (lokale Treuhandstellen) eingerichtet sind.
Förderung: Sonstige Förderung; BMBF