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Prozessevaluation eines Decision Coaching Programms für Frauen mit einer BRCA1/2 Genmutation
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Veröffentlicht: | 2. Oktober 2023 |
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Hintergrund und Stand der Forschung: In präferenzsensiblen Entscheidungssituationen benötigen Patient:innen häufig Unterstützung, um sich informiert auf eine Versorgungsoption festlegen zu können. Entscheidungsunterstützende Programme (z.B. Entscheidungscoachings, Entscheidungshilfen bzw. strukturiertes Informationsmaterial) decken diesen Bedarf und sind evidenzbasierte, bereits erforschte Maßnahmen.
In der EDCP-BRCA Studie wurden die Effekte eines Decision Coaching Programms für Frauen mit einer BRCA1/2 Genmutation evaluiert. Die komplexe Intervention bestand aus mehreren Komponenten zur Entscheidungsunterstützung (Coaching und Entscheidungshilfe), sowie zur Implementierung (Schulung von Fachpflegenden, Entscheidungspfad und Informationstafeln). Die begleitende Prozessevaluation untersuchte die Implementierung, Wirkmechanismen der Intervention und Kontextfaktoren.
Fragestellung und Zielsetzung:
- 1.
- Wie wurde die Intervention in die Versorgung eingeführt und dort umgesetzt?
- 2.
- Welche möglichen Wirkmechanismen lassen sich identifizieren?
- 3.
- Welche kontextbezogenen Faktoren nehmen Einfluss auf die Implementierung?
Methode: An der randomisierten, kontrollierten Studie nahmen sechs Zentren für Familiären Brust- und Eierstockkrebs sowie 413 Frauen mit einer BRCA1/2 Genmutation teil. Qualitative und quantitative Datenerhebungen fanden im Studienverlauf auf organisationaler und individueller Ebene statt. Quantitative Daten wurden mittels deskriptiver Statistik analysiert, qualitative Daten wurden strukturiert zusammengefasst. Beide Ergebnisteile wurden auf Basis eines logischen Modells zusammengeführt.
Ergebnisse: Beide Komponenten des Programms konnten wie intendiert umgesetzt werden. Fachpflegende nahmen Verbesserungen ihrer Gesprächsführungs- und Beratungskompetenz wahr. Gesprächsablauf und Themenauswahl erfolgten mit zunehmender Anzahl geführter Gespräche stärker am Bedarf der Teilnehmenden (TN) orientiert. Insgesamt zeigte sich, dass die TN durch das Coaching informierter sowie aufgeklärter wurden und in der Folge ein gesteigertes Bewusstsein für ihre Präferenzen erlangten. Die persönliche Begleitung durch Fachpflegende wurde als niederschwelliges Angebot wahrgenommen und führte zu mehr Sicherheit im Entscheidungsprozess. Fördernde und hemmende Faktoren zeigten sich sowohl auf Mikro- als auch Mesoebene.
Diskussion: Die Ergebnisse zeigen, dass die Intervention möglichst frühzeitig nach Genbefundmitteilung den Frauen zugänglich sein sollte. Es besteht Forschungsbedarf in der Weiterentwicklung von Komponenten des Programms für Betroffene mit niedrigerem Bildungsstand und einem geringeren Aufklärungs- und Partizipationsbedürfnis, da diese TN in der Studie unterrepräsentiert waren.
Implikation für die Versorgung: Um Decision Coaching Programme nachhaltiger in Organisationen einzubetten, sollte die Professionalisierung der Pflegefachpersonen institutionalisiert werden und mit entsprechenden Ressourcen ausgestattet werden.
Förderung: Innovationsfonds/Versorgungsforschung; FKZ 01VSF17043