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22. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

04.10. - 06.10.2023, Berlin

Klinische Evaluation eines Fragebogens zur Erfassung des Präventions- und Rehabilitationsbedarfs bei Arbeitnehmer:innen im Alter von 45–59 Jahren (Ü45-Check)

Meeting Abstract

  • Linda Kalski - Abt. Sportmedizin, Charité – Universitätsmedizin Berlin, Berlin; Institut für Sportwissenschaft, Humboldt-Universität zu Berlin, Berlin
  • Franziska Greiß - Abt. Sportmedizin, Charité – Universitätsmedizin Berlin, Berlin
  • Tilman J. Pulst Caliman - Abt. Sportmedizin, Charité – Universitätsmedizin Berlin, Berlin
  • Lorena Hafermann - Institut für Biometrie und Klinische Epidemiologie, Charité – Universitätsmedizin Berlin, Berlin
  • Maja A. Hofmann - DRV Berlin-Brandenburg, Berlin
  • Bernd Wolfarth - Abt. Sportmedizin, Charité – Universitätsmedizin Berlin, Berlin; Institut für Sportwissenschaft, Humboldt-Universität zu Berlin, Berlin

22. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 04.-06.10.2023. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2023. Doc23dkvf581

doi: 10.3205/23dkvf581, urn:nbn:de:0183-23dkvf5814

Veröffentlicht: 2. Oktober 2023

© 2023 Kalski et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund und Stand der Forschung: Die frühzeitige Erkennung gesundheitsbezogener Risikofaktoren ist für den Erhalt der Arbeitsfähigkeit von großer Bedeutung. Im Sozialrecht gilt der Grundsatz ‚Prävention vor Reha vor Rente‘. Im Rahmen des Präventionsgesetzes und durch Nennung des Ü45-Checks im Koalitionsvertrag 2021-2025 soll die Umsetzbarkeit einer Gesundheitsvorsorgeuntersuchung erprobt werden.

Fragestellung und Zielsetzung: Das langfristige Ziel ist die Implementierung eines bundesweiten Screenings. In dem Zuge wird untersucht, ob sich Unterschiede in der Einschätzung des Präventions- oder Rehabilitationsbedarfs auf der Grundlage der klinischen Gesundheitsvorsorgeuntersuchungen im Vergleich zur Fragebogenerhebung ergeben.

Methode: Die Proband:innen werden anhand des Risikoindex Erwerbsminderungsrente (RI-EMR) [1] schriftlich kontaktiert und zum Ü45-Check eingeladen. In einer Querschnittsstudie werden n > 1000, im Alter von 45-59 Jahren, ärztlich untersucht. Anhand der Befunde wird der Gesundheitszustand in ein Ampelsystem (grün = kein Handlungsbedarf, gelb = Präventionsbedarf, rot = Rehabilitationsbedarf) eingestuft. Vergleichend dazu wird ein validierter Fragebogen zur Erfassung von Präventions- und Rehabilitationsbedarf (Ü45-Screening) [2] beantwortet. Die Auswertung des Fragebogens stellt ebenfalls den Gesundheitszustand in den genannten Kategorien dar, sodass die Ergebnisse gegenübergestellt werden können.

Ergebnisse: Eine vorläufige Auswertung von 500 Proband:innen liegt vor: w = 179, m = 321, Alter = 51.7 ± 4.2 J., BMI = 27.4 ± 5.0 kg/m². Die Proband:innen haben laut dem RI-EMR folgendes Risiko in Frührente zu gehen: grün (niedrig) = 238 (48%), gelb (moderat) = 120 (24%), rot (hoch) = 142 (28%). Die Ergebnisse im Hinblick auf das Ampelsystem weisen erhebliche Differenzen auf, klinische Untersuchung: grün = 41 (8%), gelb = 349 (70%), rot = 109 (22%) vs. Fragebogen: grün = 331 (66%), gelb = 110 (22%), rot = 59 (12%).

Diskussion: Der Rehabilitationsbedarf wird vom Ü45-Screening-Fragebogen und der ärztlichen Einschätzung nahezu übereinstimmend ermittelt. Der Fragebogen scheint jedoch den klinischen Präventionsbedarf nicht ausreichend darzustellen. Die höhere Anzahl an Präventionsempfehlungen bei der klinischen Untersuchung könnte durch die objektiv gemessenen anthropometrischen und laborchemischen Parameter zu erklären sein. Eine klinische Untersuchung könnte bei vorerst symptomlosen Erkrankungen wie Bluthochdruck, Diabetes mellitus und Fettstoffwechselstörungen aufgrund von z.B. auffälliger apparativer Diagnostik und Laborparametern frühzeitiger Präventionsbedarfe detektieren.

Implikation für die Forschung: Die Festlegung zielführender Erhebungsmethoden ist Grundlage für zukünftige Forschungsprojekte bzgl. Inanspruchnahme und Wirksamkeit von Präventions- und Rehabilitationsmaßnahmen.

Förderung: Einzelförderung (BMG, DRV, BMBF, DFG, etc); 10-R-40.07.05.07.024


Literatur

1.
Bethge M, Egner U, Streibelt M, Radoschewski FM, Spyra K. Risikoindex Erwerbsminderungsrente (RI-EMR). Eine prozessdatenbasierte Fall-Kontroll-Studie mit 8500 Männern und 8405 Frauen [Risk Index Disability Pension (RI-DP). A register-based case-control study with 8,500 men and 8,405 women]. Bundesgesundheitsblatt Gesundheitsforschung Gesundheitsschutz. 2011 Nov;54(11):1221-8. DOI: 10.1007/s00103-011-1366-2 Externer Link
2.
Bernert S, Brünger M, Falk J, Spyra K. Validierung eines Screenings zur Erfassung von Präventions- und Rehabilitationsbedarf bei Über-45-Jährigen. In: 29. Reha-Kolloquium 2020: Deutscher Kongress für Rehabilitationsforschung (DRV-Schriften Band 120); 2020 Mar 2-4; Hannover. Berlin: Deutsche Rentenversicherung Bund; 2020. pp. 138-40.