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25. Jahrestagung des Netzwerks Evidenzbasierte Medizin e. V.

Netzwerk Evidenzbasierte Medizin e. V. (EbM-Netzwerk)

13. - 15.03.2024, Berlin

Freiheitsentziehende Maßnahmen bei Menschen mit geistiger Behinderung – ein Scoping Review

Meeting Abstract

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  • Stella Calo - Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Medizinische Fakultät und Universitätsklinikum Düsseldorf, Institut für Versorgungsforschung und Gesundheitsökonomie, Centre for Health and Society, Düsseldorf, Deutschland
  • Ralph Möhler - Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Medizinische Fakultät und Universitätsklinikum Düsseldorf, Institut für Versorgungsforschung und Gesundheitsökonomie, Centre for Health and Society, Düsseldorf, Deutschland

Evidenzbasierte Politik und Gesundheitsversorgung – erreichbares Ziel oder Illusion?. 25. Jahrestagung des Netzwerks Evidenzbasierte Medizin. Berlin, 13.-15.03.2024. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2024. Doc24ebmV2-03

doi: 10.3205/24ebm014, urn:nbn:de:0183-24ebm0148

Veröffentlicht: 12. März 2024

© 2024 Calo et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund/Fragestellung: Die Anwendung von freiheitseinschränkenden Maßnahmen (FEM) ist bei Menschen mit geistigen Behinderungen kontrovers. Der Nutzen ist unklar, gleichzeitig besteht ein Risiko für negative Auswirkungen auf die Gesundheit. In der UN-Behindertenrechtskonvention ist der Schutz vor unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung und die Verhinderung von Gewalt und Missbrauch als Ziel festgeschrieben. Eine systematische Übersicht zum aktuellen Forschungsstand bzw. -lücken bzgl. der Anwendung von körpernahen FEM bei Menschen mit geistigen Behinderungen liegt bislang nicht vor. Ziel dieses Scoping Reviews ist es, diese Übersicht zu erstellen.

Methoden: Eine systematische Literaturrecherche wurde in vier Datenbanken durchgeführt, ergänzt durch Schneeballtechniken. Eingeschlossen wurden Studien zum Einsatz von FEM bei Menschen mit geistiger Behinderung in der Häuslichkeit oder Wohneinrichtungen. Studien in Akutpflegesettings und Studien, die FEM als „therapeutisches Mittel (z.B. bei selbstverletzendem Verhalten) untersuchten, wurden ausgeschlossen. Eine Person führte die Studienauswahl und Datenextraktion durch, eine zweite Person prüfte unabhängig 10% aller Treffer und Datenextraktionen der eingeschlossenen Studien. Die Analyse erfolgte deskriptiv.

Ergebnisse: Insgesamt wurden 6.623 Zitationen identifiziert und n=42 (n=6 qualitative und n=36 quantitative) Studien eingeschlossen. Die Studien wurden zwischen 1984 und 2023 publiziert und überwiegend in den USA und Großbritannien durchgeführt. Die Definitionen von FEM unterschieden sich. Folgende Themen wurden untersucht: Erfahrungen und Perspektiven der Menschen mit geistigen Behinderungen bzw. Pflegenden zur Anwendung von FEM, Prävalenzen, mit der Anwendung von FEM assoziierte Faktoren, Strategien zum Umgang mit Verhalten das herausfordert, Interventionen zur Reduktion von FEM, Verletzungen durch deren Anwendung. Die Studienergebnisse innerhalb der Themenfelder waren teils widersprüchlich. Nur wenige Studien schlossen ältere Menschen mit geistigen Behinderungen ein. Keine Studie verfolgte einen partizipativen Ansatz.

Schlussfolgerung: Insgesamt liegen nur wenige Studien zu verschiedenen Forschungsfeldern bzgl. der Anwendung von FEM bei Menschen mit geistiger Behinderung vor. Die Entwicklung einer einheitlichen Definition von FEM unter Einbezug von Menschen mit geistiger Behinderung ist nötig. Zudem sollten die Herausforderungen in unterschiedlichen Lebensabschnitten stärker adressiert werden.

Interessenkonflikte: Es bestehen keine Interessenskonflikte.