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Evidenzinformierte Gesundheitspolitik in Deutschland: ein Mangel an Kommunikation und Koordination zwischen akademischer Forschung und Institutionen des Gesundheitssystems?
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Veröffentlicht: | 12. März 2024 |
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Hintergrund/Fragestellung: Bei der Entscheidungsfindung im Gesundheitswesen sollte die beste verfügbare Evidenz berücksichtigt werden, die häufig in Form von systematischen Übersichtsarbeiten (SR) vorliegt. Die Anzahl der vorhandenen SRs und ihre Überschneidungen erschweren ihre Identifizierung und Nutzung. Entscheidungsträger:innen verlassen sich oft auf De-novo-SRs, anstatt bestehende SRs zu nutze [1].
Ziel des Beitrags ist die Reflektion der Kommunikation und Koordination zwischen akademischer und institutioneller Forschung in Deutschland.
Methoden: Es werden zwei Fälle von doppelter Erstellung von SRs (Mindestmengen für Knie-Totalendoprothesen und Lungenkrebs-Screening) sowie ein Fall einer doppelten Primärdatenanalyse (Mindestmenge für Transkatheter-Aortenklappen-Implantationen) vorgestellt.
Ergebnisse: Alle drei Fälle haben die Gemeinsamkeit, dass es zu einer unbeabsichtigten Duplizierung von Forschungsarbeiten zwischen Hochschulen und Institutionen des Gesundheitssystems kam. Dies zeigt einen Mangel an Kommunikation und Koordinierung zwischen den betroffenen Einrichtungen.n
Schlussfolgerung: Es ist wichtig zu beachten, dass akademische Wissenschaft und Institutionen des Gesundheitssystems unterschiedliche Anreize haben. Akademische Forscher:innen werden häufig an der Zahl der Veröffentlichungen und der bewilligten Forschungsanträge gemessen. Im Gegensatz dazu müssen Institutionen des Gesundheitssystems Gesetze einhalten und werden beauftragt, einen bestimmten Bericht innerhalb eines festgelegten Zeitraums vorzulegen. Derzeit sind die meisten Duplikationen unbeabsichtigt. Eine Lösung des Problems könnte in der Förderung der Zusammenarbeit der Beteiligten liegen, die auch als ‚integrierte knowledge translation‘ (IKT) bezeichnet wird. Der IKT-Ansatz bedeutet, dass die Forschung in Zusammenarbeit mit den Endnutzer:innen der Forschungsergebnisse durchgeführt wird. Er erfordert eine aktive Zusammenarbeit zwischen Forscher:innen und Entscheidungsträger:innen oder Wissensnutzer:innen (Kliniker:innen, Manager) während des gesamten Forschungsprozesses.
Wo immer eine Zusammenarbeit trotz der Anforderungen an die Unabhängigkeit oder Vertraulichkeit möglich ist, sollten rechtliche Regelungen die Zusammenarbeit zwischen akademischer Wissenschaft und Institutionen des Gesundheitssystems erleichtern und unterstützen.
Interessenkonflikte: MP arbeitet bei einer Institution des Gesundheitswesens. CMK, KG, TM und DP arbeiten im akademischen Bereich. Die in diesem Artikel geäußerten Ansichten und Meinungen sind unsere eigenen und spiegeln nicht unbedingt die Ansichten unserer Institutionen wider.