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25. Jahrestagung des Netzwerks Evidenzbasierte Medizin e. V.

Netzwerk Evidenzbasierte Medizin e. V. (EbM-Netzwerk)

13. - 15.03.2024, Berlin

Eine individualisierte digitale Entscheidungshilfe für den Bereich der Knieendoprothetik führt zu einer besseren Entscheidungsqualität – eine stepped-wedge-clusterrandomisierte Studie

Meeting Abstract

  • Toni Lange - University Hospital and Faculty of Medicine Carl Gustav Carus, TU Dresden, Center for Evidence-based Healthcare, Dresden, Deutschland
  • Franziska Beyer - University Hospital Carl Gustav Carus, TU Dresden, University Center of Orthopedics, Trauma and Plastic Surgery, Dresden, Deutschland
  • Waldemar Hahn - Faculty of Medicine Carl Gustav Carus, TU Dresden, Institute for Medical Informatics and Biometry, Dresden, Deutschland
  • Stefanie Deckert - University Hospital and Faculty of Medicine Carl Gustav Carus, TU Dresden, Center for Evidence-based Healthcare, Dresden, Deutschland
  • Jochen Schmitt - University Hospital and Faculty of Medicine Carl Gustav Carus, TU Dresden, Center for Evidence-based Healthcare, Dresden, Deutschland
  • Jörg Lützner - University Hospital Carl Gustav Carus, TU Dresden, University Center of Orthopedics, Trauma and Plastic Surgery, Dresden, Deutschland

Evidenzbasierte Politik und Gesundheitsversorgung – erreichbares Ziel oder Illusion?. 25. Jahrestagung des Netzwerks Evidenzbasierte Medizin. Berlin, 13.-15.03.2024. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2024. Doc24ebmV7-05

doi: 10.3205/24ebm036, urn:nbn:de:0183-24ebm0361

Veröffentlicht: 12. März 2024

© 2024 Lange et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund/Fragestellung: Ein relevanter Anteil von Patient:innen nach einer Knieendoprothese ist mit dem Behandlungsergebnis nicht vollständig zufrieden. Gründe hierfür sind u.a. die Indikationsstellung und unrealistische Erwartungen seitens der Patient:innen. Ziel der klinischen Studie war es, zu untersuchen in welchem Ausmaß eine individualisierte digitale Entscheidungshilfe zur Indikationsstellung und partizipativen Entscheidungsfindung die Entscheidungsqualität verbessern kann.

Methoden: Im Rahmen einer multizentrischen clusterrandomisierten Studie wurde eine App-basierte Entscheidungshilfe (EKIT-Tool) entwickelt, welche die Indikationskriterien der S2k-Leitlinie „Indikation Knieendoprothese“ erfasst und im Indikationsgespräch visuell darstellt [1]. Patient:innen mit Gonarthrose, bei denen eine Knieendoprothese in Erwägung gezogen wird, wurden in 10 clusterrandomisierten Zentren in Deutschland eingeschlossen. Die Einführung des EKIT-Tools in den Zentren fand schrittweise statt. Bei allen Patient:innen erfolgte zunächst eine Befragung via Tablet zu Beschwerden, Vorbehandlung, Behandlungspräferenzen und -zielen. In der Interventionsgruppe (IG) wurden diese Informationen durch die App im Indikationsgespräch dargestellt. In der Kontrollgruppe (KG) stand das EKIT-Tool nicht zur Verfügung und das Gespräch erfolgte nach individuellem Klinikstandard.

Primärer Endpunkt: Entscheidungsqualität der Patient:innen gemessen mit Hilfe des Hip and Knee Quality Decision Instrument (HK-DQI) [2]. Basierend auf dem HK-DQI resultiert ein Knowledge Score (Surrogatparameter für eine informierte Entscheidung) und ein Concordance Score (erhalten die Patient:innen die von Ihnen bevorzugte Therapieempfehlung).

Ergebnisse: Im Rekrutierungszeitraum (06/2021 bis 03/2023) konnten 1.092 Patient:innen eingeschlossen und 1.055 ausgewertet werden. Bei 89% der Patient:innen wurde die Indikation zur Knieendoprothese gestellt. Die Konkordanz der Behandlungspräferenz der Patient:innen und der Entscheidung pro/contra Knieendoprothese lag bei 88% in der KG gegenüber 95% in der IG. Im HK-DQI-Wissensscore erreichten die Patient:innen in der KG zu 75% richtige Antworten und in der IG 90%. Durch das EKIT-Tool konnte eine um 24% bessere Entscheidungsqualität erzielt werden (OR 1,24; 95% KI: 1,15–1,33).

Schlussfolgerung: Die Darstellung der leitlinienbasierten Indikationskriterien mittels einer digitalen Entscheidungshilfe steigert die Entscheidungsqualität für oder gegen eine Knieendoprothese.

Interessenkonflikte: TL, SD, JS und JL waren an der Entwicklung der S2k-Leitlinie „Indikation Knieendoprothese“ beteiligt.


Literatur

1.
Lange T, Deckert S, Beyer F, Hahn W, Einhart N, Rössler M, et al. An individualized decision aid for physicians and patients for total knee replacement in osteoarthritis (Value-based TKR study): study protocol for a multi-center, stepped wedge, cluster randomized controlled trial. BMC Musculoskelet Disord. 2021; 22(1):783.
2.
Sepucha KR, Stacey D, Clay CF, Chang Y, Cosenza C, Dervin G, et al. Decision quality instrument for treatment of hip and knee osteoarthritis: a psychometric evaluation. BMC Musculoskelet Disord. 2011;12:149.