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25. Jahrestagung des Netzwerks Evidenzbasierte Medizin e. V.

Netzwerk Evidenzbasierte Medizin e. V. (EbM-Netzwerk)

13. - 15.03.2024, Berlin

Leitlinienorientierung und -adhärenz in der hausärztlichen Versorgung – Befunde einer quantitativen und qualitativen Studienreihe zur allgemeinärztlichen Leitliniennutzung

Meeting Abstract

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  • Julian Wangler - Universitätsmedizin Mainz, Zentrum für Allgemeinmedizin und Geriatrie, Abteilung Allgemeinmedizin, Mainz, Deutschland
  • Michael Jansky - Universitätsmedizin Mainz, Zentrum für Allgemeinmedizin und Geriatrie, Abteilung Allgemeinmedizin, Mainz, Deutschland

Evidenzbasierte Politik und Gesundheitsversorgung – erreichbares Ziel oder Illusion?. 25. Jahrestagung des Netzwerks Evidenzbasierte Medizin. Berlin, 13.-15.03.2024. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2024. Doc24ebmV8-06

doi: 10.3205/24ebm047, urn:nbn:de:0183-24ebm0478

Veröffentlicht: 12. März 2024

© 2024 Wangler et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund/Fragestellung: Evidenzbasierte Leitlinien sollen die Versorgung von Patient:innen effektivieren und anhand aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse ausrichten. Gerade Hausärzt:innen, die im Praxisalltag auf eine große Bandbreite an Symptomen und Krankheitsbildern treffen, können im besonderen Maße von Leitlinien profitieren. Bislang fehlen belastbare Befunde, wie die Hausärzteschaft auf Leitlinien blickt und wie sie den Einsatz dieser Instrumente im Versorgungsgeschehen erlebt. Ziel der explorativen Arbeit war es, ein umfassendes Bild über allgemeinärztliche Ansichten und Erfahrungen in Bezug auf evidenzbasierte Leitlinien zu gewinnen. Von besonderer Bedeutung ist auch die Frage der Implementierbarkeit sowie der ärztlichen Erwartungen an Leitlinien.

Methoden: Mittels einer Online-Befragung wurden zwischen Februar und Juli 2022 sämtliche 12.993 Hausärzt:innen in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz befragt, wobei 4.538 Ärzt:innen an der Befragung teilgenommen haben (Rücklauf: 35%). Begleitend wurden 20 Hausärzt:innen mittels qualitativer halbstandardisierter Interviews befragt.

Ergebnisse: Hausärzt:innen verbinden Leitlinien unter verschiedenen Gesichtspunkten mit einem klaren Mehrwert für die Versorgung (u.a. Evidenzorientierung, vereinheitlichte Diagnose- und Behandlungsstandards, Abbau von Fehlversorgung). Zweidrittel der Ärzt:innen, die Leitlinien selbst aktiv nutzen, haben positive Effekte bei der Versorgungsqualität sowie einen Ausbau eigener Kompetenzen erlebt. Die Implementierung von Leitlinien stellt Hausärzt:innen indes verbreitet vor Probleme, da die Vorgaben z.B. mit Praxisroutinen und Wirtschaftlichkeitserfordernissen kollidieren. Zur weiteren Optimierung werden u.a. eine stärkere Berücksichtigung nicht-medikamentöser Alternativen und die Möglichkeit zur rechtssicheren Delegation an Mitglieder des Praxispersonals angeregt.

Schlussfolgerung: Damit die hausärztliche Bereitschaft zur Orientierung an evidenzbasierten Leitlinien weiter steigt, sollten diese praxisnah, wirtschaftlichkeits- und rechtskonform sein. Zugleich sollten ärztliche Handlungsspielräume betont werden. Die in Leitlinien gegebenen Empfehlungen sollten verstärkt Optionen der Delegation innerhalb des Praxisteams aufzeigen.

Interessenkonflikte: Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.


Literatur

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