gms | German Medical Science

25. Jahrestagung des Netzwerks Evidenzbasierte Medizin e. V.

Netzwerk Evidenzbasierte Medizin e. V. (EbM-Netzwerk)

13. - 15.03.2024, Berlin

Methodische Begleitung einer S3-Leitlinie zu einer seltenen Erkrankung – am Beispiel Cystinose

Meeting Abstract

  • Isolde Sommer - Universität für Weiterbildung Krems, Department für Evidenzbasierte Medizin und Evaluation, Krems, Österreich
  • Dominic Ledinger - Universität für Weiterbildung Krems, Department für Evidenzbasierte Medizin und Evaluation, Krems, Österreich
  • Andreea Dobrescu - Universität für Weiterbildung Krems, Department für Evidenzbasierte Medizin und Evaluation, Krems, Österreich
  • Arianna Gadinger - Universität für Weiterbildung Krems, Department für Evidenzbasierte Medizin und Evaluation, Krems, Österreich
  • Brigitte Piso - Universität für Weiterbildung Krems, Department für Evidenzbasierte Medizin und Evaluation, Krems, Österreich
  • Barbara Nußbaumer-Streit - Universität für Weiterbildung Krems, Department für Evidenzbasierte Medizin und Evaluation, Krems, Österreich

Evidenzbasierte Politik und Gesundheitsversorgung – erreichbares Ziel oder Illusion?. 25. Jahrestagung des Netzwerks Evidenzbasierte Medizin. Berlin, 13.-15.03.2024. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2024. Doc24ebmPS2-05

doi: 10.3205/24ebm060, urn:nbn:de:0183-24ebm0607

Veröffentlicht: 12. März 2024

© 2024 Sommer et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Gliederung

Text

Hintergrund/Fragestellung: Eine dünne Evidenzlage, wie es bei seltenen Erkrankungen der Fall ist, stellt gerade für die Entwicklung von Leitlinien eine besondere Herausforderung dar. Wir beschreiben die methodische Begleitung der S3-Leitlinie zu Cystinose, eine Erkrankung, die weltweit ca. 2.000 Menschen betrifft.

Methoden: Es wurde ein multidisziplinäres Leitliniengremium aus 78 Expert:innen zusammengestellt. Die Interessenskonflikte des Gremiums wurden offengelegt und dokumentiert. In mehreren Online-Treffen wurden die Leitlinienfragen entwickelt, 31 davon als PICO(Population-Intervention-Comparator-Outcome-)Fragen. Eine Suchspezialistin durchsuchte zwölf elektronische Datenbanken nach direkter und indirekter Literatur von 1980 bis Juli 2023. Einschlusskriterien wurden vorab festgelegt. Es wurde keine Einschränkung hinsichtlich des Studiendesigns unternommen, wenn kontrollierte Studien verfügbar waren, wurden aber nur diese herangezogen. Studienselektion, Datenextraktion und Bewertung des Bias-Risikos erfolgte dual. Für jede der PICO-Fragen wurde eine Summary-of-Findings-Tabelle erstellt und das Vertrauen in die Evidenz nach GRADE (Grading of Recommendations, Assessment, Development and Evaluation) dual bewertet. Das Gremium wurde in Arbeitsgruppen aufgeteilt und Evidence-to-Decision-Tabellen zur Entwicklung der Empfehlungen erstellt. In weiterer Folge erarbeiten die Arbeitsgruppen Empfehlungen, beim Konsensustreffen im April 2024 zur Abstimmung kommen.

Ergebnisse: Insgesamt erfüllten 129 Studien die Einschlusskriterien, 100 davon berücksichtigen wir in der Evidenzsynthese. Für 15 der 31 PICO-Fragen konnte relevante Evidenz identifiziert werden. Die Evidenz stützt sich vor allem auf Beobachtungsstudien. Aufgrund der Heterogenität der Studiendesigns und der mitunter sehr unterschiedlichen Messung der Endpunkte erwies sich die Datenextraktion und -synthese als anspruchsvoll. Das Vertrauen in die Evidenz wurde für die meisten Endpunkte aufgrund von Beobachtungsstudien mit hohem Biasrisiko und der geringen Fallzahlen mit sehr niedrig eingeschätzt und bei nur drei Endpunkten mit niedrig.

Schlussfolgerung: Trotz einer dünnen Evidenzlage, die für eine seltene Erkrankung wie Cystinose typisch ist, ist es wichtig, Leitlinien nach einem strukturierten und transparenten Prozess, wie ihn GRADE bietet, zu entwickeln. Dadurch wird einer Dominanz weniger Expert_innen vorgebeugt.

Interessenkonflikte: Die Autor:innen haben keine Interessenskonflikte zu diesem Abstract offenzulegen.