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25. Jahrestagung des Netzwerks Evidenzbasierte Medizin e. V.

Netzwerk Evidenzbasierte Medizin e. V. (EbM-Netzwerk)

13. - 15.03.2024, Berlin

Auswirkungen der neuen Mindestmengen in der Viszeralchirurgie auf die Versorgung im Bundesland Brandenburg

Meeting Abstract

  • Charlotte Mareike Kugler - Medizinische Hochschule Brandenburg (Theodor Fontane), Institut für Versorgungs- und Gesundheitssystemforschung (IVGF), Deutschland; Medizinische Hochschule Brandenburg (Theodor Fontane), Zentrum für Versorgungsforschung Brandenburg (ZVF-BB), Deutschland
  • Stephan Gretschel - Universitätsklinikum Ruppin-Brandenburg (ukrb), Klinik für Allgemein-, Viszeral-, Thorax- und Gefäßchirurgie, Deutschland
  • Julia Scharfe - Medizinische Hochschule Brandenburg (Theodor Fontane), Institut für Versorgungs- und Gesundheitssystemforschung (IVGF), Deutschland; Medizinische Hochschule Brandenburg (Theodor Fontane), Zentrum für Versorgungsforschung Brandenburg (ZVF-BB), Deutschland
  • Stefanie Pfisterer-Heise - Medizinische Hochschule Brandenburg (Theodor Fontane), Institut für Versorgungs- und Gesundheitssystemforschung (IVGF), Deutschland; Medizinische Hochschule Brandenburg (Theodor Fontane), Zentrum für Versorgungsforschung Brandenburg (ZVF-BB), Deutschland
  • René Mantke - Universitätsklinikum Brandenburg an der Havel, Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie, Deutschland; Medizinische Hochschule Brandenburg (Theodor Fontane), Fakultät für Gesundheitswisenschaften, Deutschland
  • Dawid Pieper - Medizinische Hochschule Brandenburg (Theodor Fontane), Institut für Versorgungs- und Gesundheitssystemforschung (IVGF), Deutschland; Medizinische Hochschule Brandenburg (Theodor Fontane), Zentrum für Versorgungsforschung Brandenburg (ZVF-BB), Deutschland

Evidenzbasierte Politik und Gesundheitsversorgung – erreichbares Ziel oder Illusion?. 25. Jahrestagung des Netzwerks Evidenzbasierte Medizin. Berlin, 13.-15.03.2024. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2024. Doc24ebmPS4-2-01

doi: 10.3205/24ebm086, urn:nbn:de:0183-24ebm0868

Veröffentlicht: 12. März 2024

© 2024 Kugler et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund/Fragestellung: In der Viszeralchirurgie wurden die Mindestmengen (Mm) für komplexe Eingriffe am Ösophagus und Pankreas zu 2023 bzw. 2025 angehoben. Kliniken, die die Mm nicht erreichen, dürfen diese Eingriffe nicht mehr durchführen und haben keinen Vergütungsanspruch.

Die Studie beantwortet die Fragen, welche Auswirkungen die an der Versorgung Beteiligten durch die neuen Mindestmengen in der Viszeralchirurgie erwarten und welche Lösungsansätze sie für das Land Brandenburg sehen.

Methoden: Es wurden halbstrukturierte Expert:inneninterviews mit 15 Krankenhausangestellten, die nach vorab definierten Kriterien ausgewählt wurden (Fachbereich, Betroffenheit der Klinik durch die Mm-R, geographische Lage), sowie drei niedergelassenen Ärzt:innen und einer Patient:innenvertreterin im Zeitraum 07/2022 bis 01/2023 per Telefon, Webex oder in Präsenz durchgeführt. Die Datenauswertung erfolgte anhand der qualitativen Inhaltsanalyse.

Ergebnisse: Die Interviewten erwarteten für die operative Versorgung eine Umverteilung in wenige Kliniken (Zentren); hingegen würden mehr Kliniken, die die komplexen Operationen nicht (mehr) durchführen dürfen, die Funktion von „Portalkliniken“ für die Basisversorgung, Diagnostik und Nachsorge übernehmen. Die Umverteilung könnte auch Auswirkungen auf nicht direkt von der Mm-Regelung betroffene Behandlungen haben. Die Erhöhung der Mm habe außerdem Auswirkungen auf die Weiterbildung und Personalgewinnung. Als Lösungsvorschlag wurden insbesondere Kooperationen zwischen verschiedenen Kliniken diskutiert, die strukturell zunächst gefördert werden müssten.

Schlussfolgerung: Mindestmengen stellen die evidenzbasierte Umsetzung der Beziehung zwischen Leistungsmenge und Ergebnisqualität dar. Die Interviews zeigen, dass die Mm-R neben Auswirkungen auf Qualität und Erreichbarkeit viele weitere Effekte haben können. Die Versorgungsqualität könnte sich sogar verschlechtern, wenn die Expertise für die Behandlung von z. B. Komplikationen verloren geht. Einige Interviewte wünschen sich eine regionale Planung anstatt die Vorgabe von „einfachen Zahlen“. Insbesondere für Flächenländer stellt die Mm-R Herausforderungen für den Zugang zu Zentren, die Ösophagus- und Pankreasoperationen weiterhin durchführen, und die Kommunikation mit Portalstrukturen und lokalen Versorger:innen.

Die genannten Themen sollten für die Planung von Mm-R bzw. der politisch geplanten Krankenhausreform untersucht und einbezogen werden.

Interessenkonflikte: SG und RM leiten die Chirurgische Abteilung zweier Krankenhäuser in Brandenburg. Ihre Abteilungen sind direkt durch die Änderungen der Mindestmengenregelung betroffen. Alle anderen Autor:innen erklären, dass keine Interessenkonflikte bestehen.


Literatur

1.
Kugler CM, Gretschel S, Scharfe J, Pfisterer-Heise S, Mantke R, Pieper D. Auswirkungen der neuen Mindestmengen in der Viszeralchirurgie auf die Gesundheitsversorgung in Brandenburg aus der Perspektive der Versorger:innen. Chirurgie. 2023 Dec;94(12):1015-21. DOI: 10.1007/s00104-023-01971-1 Externer Link