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25. Jahrestagung des Netzwerks Evidenzbasierte Medizin e. V.

Netzwerk Evidenzbasierte Medizin e. V. (EbM-Netzwerk)

13. - 15.03.2024, Berlin

Hitzewellen und ihre Gesundheitsrisiken: Wissen, Risikowahrnehmung und Verhalten der deutschen Bevölkerung im Sommer 2022

Meeting Abstract

  • Parichehr Shamsrizi - Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNITM), AG Gesundheitskommunikation, Deutschland; Universität Erfurt, Gesundheitskommunikation, Institute for Planetary Health Behaviour, Erfurt, Deutschland
  • Mirjam Annina Jenny - Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNITM), AG Gesundheitskommunikation, Deutschland; Universität Erfurt, Gesundheitskommunikation, Institute for Planetary Health Behaviour, Erfurt, Deutschland
  • Philipp Sprengholz - Universität Bamberg, Gesundheitspsychologie, Institut für Psychologie, Bamberg, Deutschland; Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNITM), AG Gesundheitskommunikation, Deutschland
  • Mattis Geiger - Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNITM), AG Gesundheitskommunikation, Deutschland; Universität Erfurt, Gesundheitskommunikation, Institute for Planetary Health Behaviour, Erfurt, Deutschland
  • Christopher Jäger - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), Institut und Poliklinik für Allgemeinmedizin, Hamburg, Deutschland; Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNITM), AG Gesundheitskommunikation, Deutschland
  • Cornelia Betsch - Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNITM), AG Gesundheitskommunikation, Deutschland; Universität Erfurt, Gesundheitskommunikation, Institute for Planetary Health Behaviour, Erfurt, Deutschland

Evidenzbasierte Politik und Gesundheitsversorgung – erreichbares Ziel oder Illusion?. 25. Jahrestagung des Netzwerks Evidenzbasierte Medizin. Berlin, 13.-15.03.2024. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2024. Doc24ebmPS6-1-02

doi: 10.3205/24ebm103, urn:nbn:de:0183-24ebm1038

Veröffentlicht: 12. März 2024

© 2024 Shamsrizi et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund/Fragestellung: Direkt spürbare Auswirkungen der Klimakrise sind Temperaturanstiege und die Häufung von Hitzeereignissen. Hitze geht mit erheblichen Gesundheitsrisiken einher, insbesondere für bestimmte Teile der Bevölkerung (z.B. ältere Menschen, Kleinkinder, Menschen mit bestimmten chronischen Erkrankungen). In dieser Studie wurde dazu Wissen und Verhalten der Bevölkerung zum Umgang mit Hitze analysiert.

Methoden: Im Juni 2022 wurde eine Online-Querschnittsbefragung durchgeführt, nachdem in Deutschland Hitzetage aufgetreten waren. Die Stichprobe war quotenrepräsentativ für Alter, Geschlecht und Bundesland. Für die Entwicklung der Items wurden offizielle Informationen und Empfehlungen verwendet sowie Expert:innen konsultiert. Erhoben wurde Demografie, Wissen, Risikowahrnehmung, Informationsverhalten und Verhalten zu Hitze.

Ergebnisse: Insgesamt nahmen 953 Befragte teil (Durchschnittsalter 47 Jahre (SD=16 Jahre); 51,4% weiblich, 48,3% männlich, 0,3% divers). Die Mehrheit (91%) gab an, sich über bevorstehende Hitzetage informiert zu haben. Im Durchschnitt wurden 72,2% (SD=18,5%p) der Wissensfragen richtig beantwortet. Informationsverhalten korrelierte minimal mit Wissen (r=0,07; 95% CI [0,00–0,13]) und Risikowahrnehmung (r=0,21; 95% CI [0,15–0,27]). Im Durchschnitt gaben die Teilnehmenden an, 64,5% (SD=20,1%p) der empfohlenen Verhaltensweisen (z.B. adäquate Kleidung, Anstrengung vermeiden, Schatten suchen, Flüssigkeitszufuhr) befolgt zu haben. Es wurde allerdings kein Zusammenhang zwischen Wissen und Verhalten festgestellt (r=0,00, P=0,96), jedoch korrelierte die Risikowahrnehmung minimal mit Verhalten (β=0,17; CI [0,10–0,25]).

Schlussfolgerung: Die Ergebnisse zeigen, dass sich zwar ein großer Teil der Teilnehmenden über bevorstehende Hitzetage informierte, jedoch gab es bedeutende Wissens- und Handlungslücken. Einige einfache Maßnahmen wie Schutz vor direkter Sonnenstrahlung oder Kühlung (z.B. Ventilator, Fußbad) wurden von vielen Befragten nicht angewendet.

Maßnahmen, die nur darauf abzielen, Wissen über Hitze, ihre Folgen und Schutzstrategien zu verbessern, werden daher nicht ausreichen, um hitzesensibles Verhalten konkret zu steigern.

Um Gesundheitsverhalten zu fördern, sollten neben verhältnisorientierten Maßnahmen Interventionen entwickelt werden, die auf eine Sensibilisierung für hitzeverbundene Risiken abzielen. Weitere Forschung sollte die Rolle konkreter Barrieren und weiterer Faktoren untersuchen. Hierzu ist ein interdisziplinärer und integrativer Austausch zwischen Wissenschaft und Politik nötig.


Literatur

1.
Shamsrizi P, Jenny MA, Sprengholz P, Geiger M, Jäger CB, Betsch C. Heatwaves and their health risks: knowledge, risk perceptions and behaviours of the German population in summer 2022. Eur J Public Health. 2023 Oct 10;33(5):841-3. DOI: 10.1093/eurpub/ckad109. Externer Link
2.
Jenny MA, Betsch C. Large-scale behavioural data are key to climate policy. Nat Hum Behav. 2022 Nov;6(11):1444-7. DOI: 10.1038/s41562-022-01479-4. Externer Link