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Auf dem Kompetenzprüfstand: Die mündliche-praktische Prüfung des Zweiten Abschnitts der Ärztlichen Prüfung
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Veröffentlicht: | 31. August 2015 |
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Fragestellung/Einleitung: Von den medizinischen Staatsexamina wird erwartet, dass sie den Kompetenzgrad der Absolventen überprüfen und bewerten. Bestärkt und unterstützt wird dieses Anliegen durch die derzeitige Entwicklung des deutschlandweiten „Nationalen kompetenzbasierten Lernzielkatalogs Medizin“ (NKLM). Inwieweit kompetenzorientiertes Prüfen im Sinne des NKLM durch die derzeitige Prüfungspraxis im mündlich-praktischen Teil des Zweiten Staatsexamens verwirklicht wird, ist jedoch nahezu unbekannt.
Methoden: Daher wurde in einer deskriptiven Beobachtungsstudie an der Medizinischen Fakultät der Universität Ulm stichprobenartig an 12 Prüfungstagen von zwei geschulten Beobachtern die Durchführung des mündlich-praktischen Teil des Zweiten Abschnitts der Ärztlichen Prüfung analysiert. Die mehr als 4000 Einzelaufgabenstellungen wurden in Bezug auf ihr Verhältnis „Praxis zu Theorie“, auf ihr Kompetenzniveau und ihre Zuordnung zu den im NKLM definierten Kompetenzbereichen betrachtet.
Ergebnisse: Innerhalb der 15-minütigen Prüfung am Krankenbett betrug die durchschnittliche Fragenanzahl der jeweils vier Prüfer 17,2±9 Fragen. Dabei war ein Großteil der Fragen auf dem niedrigen Taxonomie-Level „Wissensfragen“ angesiedelt. Die von der Novelle der Approbationsordnung explizit geforderte „Ärztliche Gesprächsführung“ wurde mit 0,3±0,1 Fragen adressiert.
Am ersten und zweiten Tag der mündlich-praktischen Prüfung wurden insgesamt 4051 Einzelfragen erfasst. Die Zuordnung zu den einzelnen Kompetenzrollen der 70±23 Fragen pro Studierenden des ersten Prüfungstags unterschied sich kaum von den abgefragten Kompetenzen des zweiten Prüfungstags. Dabei wurde in 95 Prozent der Aufgabenstellungen die Rolle des Medizinischen Experten adressiert und die als Gegenstand der Ärztlichen Prüfung neu in die Approbationsordnung aufgenommenen Fähigkeiten zur „Ärztliche Gesprächsführung“ fast gar nicht erfasst. Die Mehrzahl der gestellten Fragen verblieb auf der Taxonomiestufe „Wissen“, die Stufen „Analysieren und Interpretieren“ sowie „Problemlösung“ wurden wenig gefordert.
Diskussion/Schlussfolgerung: Die ermittelten Daten geben zumindest exemplarische Hinweise auf real noch bestehende Schwachstellen im Hinblick auf die Kompetenzorientierung der mündlich-praktischen Staatsexamina. Damit weisen sie im positiven Sinn aber auch darauf hin, auf welche Schwerpunkte beispielsweise in Prüfertrainings verstärkt geachtet werden muss, um eine weitere Annäherung der medizinischen Staatsexamina an die kompetenzorientierten Vorgaben des NKLM zu ermöglichen.