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Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA)

19.09. - 22.09.2018, Wien, Österreich

Wie gelingt eine Curriculumsreform? – Der Einfluss von Interessen und Strategien nach Bourdieus Theorie der sozialen Praxis [Bericht über Forschungsergebnisse]

Meeting Abstract

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  • presenting/speaker A. Franz - Charité – Universitätsmedizin Berlin, Berlin, Germany
  • M. Geppert - Charité – Universitätsmedizin Berlin, Berlin, Germany
  • A. Maaz - Charité – Universitätsmedizin Berlin, Berlin, Germany
  • H. Peters - Charité – Universitätsmedizin Berlin, Berlin, Germany

Jahrestagung der Gesellschaft für Medizinische Ausbildung (GMA). Wien, 19.-22.09.2018. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2018. DocP18.5

doi: 10.3205/18gma329, urn:nbn:de:0183-18gma3293

Veröffentlicht: 19. September 2018

© 2018 Franz et al.
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Gliederung

Text

Problemstellung/Ziele: In die Reform eines medizinischen Curriculums müssen diverse Akteure einbezogen werden, welche unterschiedliche Interessen vertreten. Um den Prozess der Reform zu verstehen, ist die Identifizierung von Interessen und Strategien der verschiedenen Akteure entscheidend. Ziel dieser qualitativen Studie ist es, den Prozess der curricularen Reform im Rahmen von Bourdieus Theorie der Sozialen Praxis zu analysieren, indem der Wettbewerb um Ressourcen im sozialen Feld einer medizinischen Fakultät untersucht wird.

Methoden: Es wurden teilstrukturierte Interviews mit wichtigen Akteuren einer umfassenden Curriculumsreform an der Charité-Universitätsmedizin Berlin durchgeführt. Die Standpunkte von vier Fakultätsmitgliedern, vier Studenten und sechs Vertretern des Prodekanats wurden aufgezeichnet und zwischen den Gruppen verglichen. Die Transkriptionen der Audioaufzeichnungen wurden qualitativ nach Mayring (2015) ausgewertet.

Ergebnisse: Die Interessengruppen konkurrierten um sogenanntes „Kapital“, welches Bourdieu als Ressourcen beschreibt. Die Fakultätsmitglieder standen in Konkurrenz um Unterrichtseinheiten, welche mit der Anzahl von Personalstellen verknüpft sind, während Studierende und Vertreter des Prodekanats sich für fortschrittliche pädagogische Konzepte einsetzten. Die von den Gruppen verwendeten Strategien waren stark von ihren Interessen abhängig. Unter diesen fanden sich Allianzbildung, Zurückhaltung von Informationen und Interessen, Erstellung von Konzepten kurz vor den Treffen und Eingehen von Kompromissen.

Diskussion/Schlussfolgerungen: Diese Studie zeigt, wie versteckte Interessen Verhandlungsstrategien im Prozess einer Curriculumsreform beeinflussen. Der Bezug zu Bourdieus Theorie macht den Wettbewerb um Ressourcen und soziale Positionen deutlich. Fakultätsmitglieder konkurrieren um Personalstellen durch Lehrzeit, während die Interessen von Vertretern des Prodekanats und der Studierenden lehr- und lernorientiert sind. Medizinische Hochschulen sollten daher alle Akteure frühzeitig einbeziehen und die individuellen Konsequenzen eines curricularen Reformprozesses berücksichtigen.