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Bestimmung des Einflusses psychosozialer Kontextfaktoren auf die Arbeitsunfähigkeit bei Patienten mit Erkrankungen der unteren Wirbelsäule und des Knies
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Veröffentlicht: | 6. September 2007 |
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Unbestritten ist ein Einfluss von psychosozialen Kontextfaktoren auf den Krankheitsverlauf. Im Rahmen sozialepidemiologischer Studien konnte ein Zusammenhang für kardiovaskuläre Erkrankungen gezeigt werden. Durch Larvierung der psychischen Faktoren werden diese häufig nicht erkannt und in der Patientengeschichte unterbewertet.
Im Bereich der degenerativen Erkrankungen des Skelettsystems wird ein ähnlicher Zusammenhang angenommen. Gesicherte Daten liegen nicht auf der Basis populationsbezogener Studien vor.
Im Rahmen einer Fall-Kontroll-Studie soll hier ein Einfluss auf Erkrankungen des muskuloskelettalen Systems bestimmt werden. Die Beeinträchtigung wird durch Verwendung des WHO-MDI Scores erhoben. Dieser Score ist an großen Kollektiven evaluiert. Der Fragebogen erfragt zehn einfache Fragen zur allgemeinen Verfassung. 5 Fragen sind auf die Detektion von depressiven Störungen ausgerichtet, 5 Fragen beziehen sich auf Angststörungen.
Im Rahmen von körperlichen Untersuchungen von Arbeitsunfähigkeit (AU) bei einschlägig Erkrankten wurden 1000 Patienten beim MDK-Nordrhein gebeten den Fragebogen auszufüllen. Der entsprechende Gutachter ergänzt die Erhebung um Angaben zur AU-Diagnose, Arbeitsplatzkonflikten, AU-Dauer und sozialmedizinischem Ergebnis der Untersuchung.
Zum Zeitpunkt der Erstellung des Abstracts liegen erste Ergebnisse vor. Auffällig ist ein signifikant höherer Score bei Patienten mit Arbeitsplatzkonflikt. Dieser äußert sich nicht zwingend in längeren Zeiten von Arbeitsunfähigkeit. In 78,23% der Fälle ist den Kontextfaktoren in der Behandlung keine Bedeutung beigemessen worden. Nach Adjustierung der Daten auf Alter und Geschlecht zeigt sich eine signifikante Erhöhung des relativen Risikos einer psychosozialen Belastung bei männlichen Patienten unter 35 Jahren. Ein besonderes Risiko liegt hier in dem bevorstehenden Erwerbsleben.
Die Ergebnisse lassen zwei Schlussfolgerungen zu. Zum einen wird den Kontextfaktoren nur selten eine therapierelevante Bedeutung beigemessen. Tatsächlich lassen sich belastende Kontextfaktoren in ihrer Ausprägung zu jedem Zeitpunkt der Erkrankung einfach ermitteln. Die Behandlung wäre bereits vor der meist latent verlaufenden Chronifizierung erweiterbar. Zum anderen besteht die Möglichkeit durch sozialmedizinische Fallsteuerung seitens der Leistungsträger frühzeitig multimodale Therapiekonzepte einzuleiten, um eine Disintegration im Berufsumfeld vorzubeugen und die Gefahr eines sozialen Abstiegs der Betroffenen im Erwerbsleben zu verringern.