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Bürgernähe statt Kundenorientierung
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Veröffentlicht: | 6. September 2007 |
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Unter dem Stichwort „Neues Steuerungsmodell“ ist der ÖGD - wie andere Behörden auch - schon seit einigen Jahren mit der Modernisierung seiner Organisationsabläufe und -strukturen befasst. Zentrale Dimensionen dieser Veränderungsprozesse sind Produktbeschreibung, Kontraktmanagement, Dezentralisierung, Leitbildformulierung, Budgetierung und Kundenorientierung. Vor allem mit dem Konzept der Kundenorientierung soll die Binnenperspektive der Verwaltung verlassen und der Blick auf die Adressaten des Verwaltungshandelns und die bei ihnen erzielten Auswirkungen und Effekte der Dienstleistungserbringung gerichtet werden. Danach gilt es, die Leistungserbringung der Verwaltung am Bedarf der Bevölkerung und den damit verbundenen Verbesserungen bzw. Problemlösungen auszurichten und sich nicht am selbst definierten Input zu orientieren.
An dieser Stelle ist allerdings kritisch zu fragen, ob die analytische Substanz des Kundenbegriffes ausreicht, um die angestrebte Blickrichtung ausreichend Erkenntnis gewinnend einzunehmen, oder ob der Begriff der Bürgernähe hier nicht angemessener wäre. Die beiden Begriffe entstammen unterschiedlichen Begründungszusammenhängen: Bürgernähe verweist eher auf Gemeinwohl, Wohlfahrtsstaatlichkeit, Rechtsstaatlichkeit; Kundenorientierung dagegen eher auf Ökonomie, Betriebswirtschaft, Tauschhandel und Markt. Bei Anwendung der beiden Begriffe werden daher auch jeweils unterschiedliche Aspekte im Verhältnis von Verwaltung und Bevölkerung berücksichtigt.
Im Beitrag wird auf die verschiedenen Begriffsdimension eingegangen wie einerseits z.B. das Verhältnis von Angebot und Nachfrage, Güterknappheit, Definitionshoheit der Produzenten, begrenzte Produktaufklärung durch Werbung und andererseits z.B. Verteilungsgerechtigkeit, Einklagbarkeit, Aufklärung über Rechtsansprüche, Bürgerpartizipation, Vorhalten öffentlicher Güter. Die Gegenüberstellung der beiden Begriffe macht sehr schnell deutlich, dass sich jeweils sehr unterschiedliche Sichtweisen für die Kontaktgestaltung zwischen Verwaltung und Bevölkerung ergeben. Gerade der ÖGD, dessen Bevölkerungskontakte sich auf heterogene und zum Teil auf benachteiligte und deprivierte Bevölkerungsgruppen beziehen, sollte sich immer wieder verdeutlichen, unter welche Leitperspektiven er sein Verwaltungshandeln stellt.
Literatur
- 1.
- Bogumil J, Holtkamp L. Bürgerkommune konkret. Vom Leitbild zur Umsetzung. Ein Leitfaden für die kommunale Praxis. Bonn: Friedrich-Ebert Stiftung; 2002.
- 2.
- Grunow D, Grunow-Lutter V. Der öffentliche Gesundheitsdienst im Modernisierungsprozess. Weinheim: Juventa Verlag; 2000.
- 3.
- Grunow D. Bürgernahe Verwaltung. Frankfurt/M.: Campus Verlag; 1988.