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ÖGD und Public Health – ein (noch) uneingelöstes Eheversprechen
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Veröffentlicht: | 6. September 2007 |
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In den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts fand in Deutschland mit dem Aufbau von Public Health an den Hochschulen eine nachholende Entwicklung gegenüber den angelsächsischen Ländern statt. Neben der Etablierung gesundheitswissenschaftlicher Forschung und Lehre ging es auch darum, einen Beitrag zur besseren wissenschaftlichen Fundierung der Gesundheitspolitik und –versorgung zu leisten, wie es der Sachverständigenrat in seinem Gutachten 1987 ausdrücklich gefordert hatte – und dabei sollte vor allem auch die bevölkerungsmedizinische Perspektive gestärkt werden. Damit hatte man gleichzeitig dem Öffentlichen Gesundheitsdienst attestiert, dies nicht hinreichend geleistet zu haben. Für Pioniere des Öffentlichen Gesundheitsdienstes wie Rudolf Virchow, die in einem anspruchsvollen sozialmedizinischen Engagement die Kernaufgabe des Öffentlichen Gesundheitsdienstes sahen, wäre das unvorstellbar gewesen. Seitdem gab es immer wieder Versuche, ÖGD und Public Health einander näher zu bringen. Im Idealfall wäre der ÖGD ein, wenn nicht der praktische Anwendungsbezug von Public Health. Das ist bisher nicht der Fall. Wenn die „Eheanbahnung“ doch noch gelingen soll, müssten sich beide Seiten bewegen. Notwendig ist einerseits ein Überdenken der Rolle des ÖGD und seiner Aufgaben im modernen Sozialstaat, andererseits eine Erweiterung dessen, was Public Health gegenwärtig umfasst. Dazu gehört nicht zuletzt, dass Public Health um einen institutionenanalytischen Ansatz ergänzt wird, der die Tätigkeitsfelder des ÖGD zum Gegenstand hat und praxisrelevante Konzepte z.B. zu Gesundheitsberichterstattung, zu Überwachungsfunktionen, zu Hilfen und Beratung im Kontext ÖGD liefert. In Bayern wird derzeit versucht, über eine engere, auch vertraglich geregelte, Kooperation zwischen dem Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit und verschiedenen Universitäten einige Schritte in diese Richtung zu gehen, sozusagen in Form einer „Scientific Public Partnership“. Ein Baustein dabei ist die Reform des Amtsarztkurses, der zum MPH hin geöffnet wird. Mittelfristig wird für den süddeutschen Raum der Aufbau einer Struktur In Richtung einer Munich School of Public Health angestrebt, in der der ÖGD eine tragende Rolle spielen soll.