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Gesundheit von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund: soziale und kulturelle Einflussgrößen
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Veröffentlicht: | 6. September 2007 |
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Hintergrund: Migranten unterliegen in einigen Gesundheitsbereichen höheren Risiken als Nicht-Migranten. Bislang kann diese Benachteiligung nicht zuverlässig erklärt werden. Erste Ergebnisse zeigen, dass eine soziale Schlechterstellung als alleiniger Erklärungsfaktor nicht ausreicht. Auch erklärt diese nicht, warum Migranten in anderen Bereichen trotz niedrigeren Sozialstatus weniger gefährdet zu sein scheinen. Anhand ausgewählter Aspekte des Gesundheitsverhaltens (Fernsehkonsum, Rauchen) soll gezeigt werden, dass weitere Faktoren zur Erklärung von migrationsbezogenen Differenzen herangezogen werden müssen.
Methode: Im Rahmen des Kinder- und Jugendgesundheitssurveys (KiGGS) wurden bundesweit repräsentativ 17.641 Kinder und Jugendliche im Alter zwischen 0 und 18 Jahren untersucht. Davon zählen 3.011 Kinder zu Migranten, d.h. sie sind entweder selbst in einem anderen Land geboren oder aber beide Eltern sind zugewandert und/oder nichtdeutscher Staatsangehörigkeit. Weitere 1.467 Kinder haben einen einseitigen Migrationshintergrund. Die hier vorgestellten Daten wurden mittels Fragebogen (bis 11 Jahre per Eltern-, ab 11 Jahre per Selbstauskunft) erhoben. Um repräsentative Aussagen treffen zu können, wurden die Analysen mit einem Gewichtungsfaktor durchgeführt, der Abweichungen der Netto-Stichprobe von der Bevölkerungsstruktur hinsichtlich Alter, Geschlecht, Region und Staatsangehörigkeit korrigiert.
Ergebnisse: Migranten sehen signifikant länger fern als Nicht-Migranten (mind. 3 Stunden täglich: 24,5% vs. 12,2%), sind aber seltener Raucher (15,8% vs. 21,4%). Sowohl beim Fernsehkonsum als auch beim Rauchen lässt sich ein Schichtgradient konstatieren und zwar in beiden Gruppen. Insbesondere türkischstämmige Migrantenkinder sehen lange fern, geben gleichzeitig seltener an zu rauchen. Der Fernsehkonsum nimmt mit der Aufenthaltsdauer ab und ist im Vergleich zur ersten in nachfolgenden Einwanderergenerationen deutlich geringer (30,9% vs. 18,1%), während sich in der Raucherprävalenz keine Veränderungen zeigen (16,3% vs. 16,5%). Kinder mit einseitigem Migrationshintergrund unterscheiden sich in ihrem Verhalten nicht von der Mehrheitsgesellschaft.
Diskussion: Für Unterschiede im Gesundheitsverhalten ist nicht allein der soziale Status verantwortlich, sondern auch migrationsbedingte und kulturspezifische Faktoren. So hat die jeweilige Einwandererkultur einen Einfluss sowie die Aufenthaltsdauer, wenn auch in verschiedene Richtungen. Die insgesamt niedrige Raucherprävalenz unter den Migranten bleibt vorerst erklärungsbedürftig.