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Die Rollende Arztpraxis – Unterstützung der medizinischen Versorgung in ländlichen Gebieten
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Veröffentlicht: | 27. August 2013 |
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Einleitung und Fragestellung: Die Veränderung der Altersstruktur der Bevölkerung schlägt sich auch in der ärztlichen Versorgungslage - insbesondere ländlicher Regionen - nieder. So sind kleinere Dörfer und Gemeinden punktuell schon unterversorgt oder von Unterversorgung bedroht [1]. Ebenso im Planungsbereich Wolfenbüttel im Südosten Niedersachsens, wo sich eine geminderten Versorgung aller Gemeinden bis 2020 abzeichnet [2]. Im Rahmen des Modellprojektes „Zukunftsregionen Gesundheit – kommunale Gesundheitslandschaften“, initiiert und finanziert vom Niedersächsischen Ministerium für Soziales, Frauen, Familie, Gesundheit und Integration, der AOK Niedersachsen und der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen, begegnet der Landkreis Wolfenbüttel als eine der drei Zukunftsregionen diesem Umstand mit der Erprobung neuer Versorgungsformen. Die Frage ist, ob und wie die hausärztliche Versorgung durch eine mobile Versorgungseinheit – die Rollende Arztpraxis – ergänzt werden kann. Während sich bestehende Arztmobil-Modelle (vgl. [3], [4], [5], [6]) auf die Spezial- oder Basisversorgung einer spezifischen Teilmenge von Patienten beschränken, soll die Rollende Arztpraxis mobile Ergänzungslösung zur hausärztlichen Versorgung abbilden.
Material und Methoden: Typische Krankheitsbilder werden mit den demografischen Spezifika der Region zu Versorgungsszenarien kombiniert. Abgeleitete UseCases der Rollenden Arztpraxis bilden Anforderungen an die mobile Versorgungsmodalität, gegliedert in die Bereiche der medizinisch-prozeduralen, (informations-)technischen und ökonomisch-wirtschaftlichen Ausgestaltung. Eine multizentrische longitudinale Praxisstudie mit prospektiver Erhebung ermöglicht die Einschätzung der Machbarkeit und des Erfolges. Grundlegende operationalisierte Kennzahlen sind die Inanspruchnahme der Rollenden Arztpraxis, die ökonomische Tragfähigkeit sowie die Auswirkungen auf die subjektive Versorgungswahrnehmung behandelter und potentiell behandelbarer Patienten. Die Projektlaufzeit beträgt 18 Monate. Die Studie erfolgt in drei Partitionen unterteilt in Planungs-, Prozess- und Output-Evaluation.
Ergebnisse: Die Dualität der hausärztlichen Behandlung der definierten Szenarien erfordert eine Teilung des mobilen Versorgungskonzeptes auf der medizinisch-prozeduralen Achse. Das Marktplatzmodell adressiert die Abdeckung der Versorgung in Gemeinden und Dörfern ohne Arzt. Hierfür wird das Arztmobil teil-stationär als temporäre Arztpraxis betrieben. Die Behandlung erfolgt im Fahrzeug, unterstützt durch Räumlichkeiten der entsprechenden Gemeinden. Das Hausbesuchsmodell bildet einen Entlastungsservice für niedergelassene Ärzte durch die Übernahme von Patientenbesuchen an. Teilnehmende Ärzte können die Leistungen in Anspruch nehmen und ihre Haubesuche delegieren. Im Vergleich zu bestehenden Ansätzen zur Hausbesuchsübernahme [7], kann die Rollende Arztpraxis mit einer ärztlichen Versorgung aufwarten. Die Grundlage des Konzeptes bildet die hausärztliche Behandlung. Das Design und die Ausstattung des Fahrzeuges bezüglich der (informations-) technischen Achse bauen darauf auf. Die mobile Praxis wird realisiert durch einen Kleintransporter mit Kofferaufbau, ausgestattet mit den medizinisch-technischen Geräten einer hausärztlichen Praxis. Medizinische Behandlungsprozesse werden elektronisch dokumentiert. Die Übermittlung an den Hausarzt kann durch ein elektronisches Bild- und Befundkommunikationssystem erfolgen. Die Übertragung basiert auf CDA-Dokumenten über zeittolerante, verschlüsselte Kommunikationskanäle. Die ökonomisch-wirtschaftliche Ausgestaltung wird definiert durch ein pauschales Vergütungsmodell nach §73a SGB V.
Diskussion: Das Konzept der mobilen Versorgung trifft schon im Vorfeld der Etablierung auf große Resonanz. Obwohl noch keine Auswertung der Evaluation erfolgt ist, hat die interdisziplinäre Zusammenarbeit der beteiligten Projektpartner bereits jetzt eine Reihe von innovativen Ansätzen zur Bewältigung der Probleme in den drei Projektachsen hervorgebracht. Die vollständige Evaluationsstudie wird zeigen, welche versorgungsrelevanten Effekte durch den Einsatz der Rollenden Arztpraxis erzielt werden können. Im Rahmen der informationstechnischen Prozessunterstützung kann erstmalig eine flexible Bild- und Befundkommunikation in den Ablauf einer mobilen Versorgungseinheit integriert werden.
Literatur
- 1.
- Kopetsch T. Dem deutschen Gesundheitswesen gehen die Ärzte aus. Version 5. Bundesärztekammer Abteilung Statistik. Berlin: Bundesärztekammer und Kassenärztliche Bundesvereinigung; 2010. ISBN 978-3-00-030957-1.
- 2.
- KVN. Prognose zur Entwicklung der Arztzahlen für das Jahr 2020 im Gebiet der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen. Hannover: Kassenärztliche Vereinigung Niedersachsen; 2008. Verfügbar unter: http://www.pro-bremervörde.de/images/stories/prognosen2020.pdf
- 3.
- Loth J, Hauptig A, Piotrowski A, Beyer H, Vogelsang T. Medizinische Versorgung von Migranten ohne Krankenversicherung im Ruhrgebiet - Die Rolle der öffentlichen und zivilen Akteure [Seminararbeit, unveröffentlicht]. Fakultät Wirtschaftswissenschaften Lehrstuhl Medizinmanagement der Universität Duisburg-Essen; 2012. [zitiert Freitag 5. April 2013]. Verfügbar unter: http://www.medinetz-essen.de/docs/reader_medinetz.pdf
- 4.
- Diakonie Mark-Ruhr gemeinnützige GmbH. Medizinische Versorgung - Ambulanz und Arztmobil. 2013. [zitiert Freitag 5. April 2013]. Verfügbar unter: http://www.diakonie-mark-ruhr.de/soziale-dienste/luthers-waschsalon/inhalte/1/
- 5.
- Trabert G. Das ”Mainzer Modell“ zur gesundheitlichen Versorgung von wohnungslosen Menschen [unveröffentlicht]. 2006. [zitiert Freitag 5. April 2013]. Verfügbar unter: http://www.verein-armut-gesundheit.de/fileadmin/redakteur/dokumente/MainzerModell2008korrigiert.pdf
- 6.
- Caritasverband für das Erzbistum Berlin e.V. Caritas-Arztmobil. 2013. [zitiert Freitag 5. April 2013]. Verfügbar unter: http://www.dicvberlin.caritas.de/87615.html
- 7.
- Van den Berg N, Meinke C, Heymann R, Fiß T, Suckert E, Pöller C, et al. AGnES: Hausarztunterstützung durch qualifizierte Praxismitarbeiter. Deutsches Ärzteblatt. 2009;106(1-2):3–9.