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Das Specht-Phänomen – Wie das vestibuläre System mit gewollten Schädeltraumen umgeht
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Veröffentlicht: | 30. März 2016 |
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Vestibuläre Haarzellen können wie die äußeren Haarzellen in der Cochlea ihre Länge ändern. Während die Wirkungsweise dieser Längenänderung in der Cochlea als Verstärkung bekannt ist, fehlt bisher eine klare Vorstellung, welche Wirkung eine Längenänderung an den vestibulären Sensoren hat. Anatomische Untersuchungen an der Ampulle der Bogengänge weisen darauf hin, dass die Cupula nach unten gezogen wird, denn das Kinozilium ist mit seinem knopfförmigen Ende fest in der Cupula verankert. Wir konnten auch nachweisen, dass die Cupula am Ampullendach angewachsen ist. Bei einer Längenänderung der Haarzelle ist damit nur eine Bewegung der Cupula nach unten möglich. Dabei wird der subcupuläte Raum verschmälert. Die Bewegungsfreiheit der Cupula müsste eingeschränkt sein. Anhand von Drehstuhluntersuchungen ist uns der Nachweis gelungen, dass bei einem vorhersehbaren vestibulären Impuls (hier Stopp aus Rotation) der postrotatorische Nystagmus deutlich geringer ist als bei einem Impuls dessen Eintritt nicht bekannt ist.
Damit wird klar, dass das vestibuläre System über die efferente Bahn die Empfindlichkeit gegenüber Traumen herabsetzten kann, sofern das Trauma vorhersehbar ist. Damit ist erklärt wie ein Specht beim Behacken eines Baumes seine vestibulären Sensoren schützt. Diese Erkenntnis hat erhebliche Auswirkungen auf vestibuläre Gutachten, denn mit dieser Erkenntnis müssen Schädeltraumen, die vorhersehbar waren, anders bewertet werden als solche, die ohne Vorwarnung bzw. Vorhersehbarkeit eingetreten sind.
Der Erstautor gibt keinen Interessenkonflikt an.