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7. Internationale Konferenz der Deutschen Gesellschaft für Hebammenwissenschaft (DGHWi) und 1. Konferenz zur pädagogischen Arbeit im Hebammenstudium (HEBA-Päd)

Deutsche Gesellschaft für Hebammenwissenschaft e. V.
Deutscher Hebammenverband e. V.

08.02. - 10.02.2024, Berlin

Nachhaltige Schmerztherapie im Kreißsaal – Lachgas im Kontext der Klimakrise

Meeting Abstract

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  • corresponding author Franziska Dresen - Hochschule für Gesundheit Bochum, Deutschland
  • Susanne Koch - Southern University of Denmark, Odense, Dänemark; Charité – Universitätsmedizin Berlin, Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin, Berlin, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Hebammenwissenschaft. 7. Internationale Konferenz der Deutschen Gesellschaft für Hebammenwissenschaft (DGHWi), Heba-Päd – 1. Konferenz zur pädagogischen Arbeit im Hebammenstudium der Deutschen Gesellschaft für Hebammenwissenschaft (DGHWi) und des Deutschen Hebammenverbands (DHV). Berlin, 08.-10.02.2024. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2024. DocIK-V01

doi: 10.3205/24dghwi31, urn:nbn:de:0183-24dghwi310

Dieses ist die deutsche Version des Artikels.
Die englische Version finden Sie unter: http://www.egms.de/en/meetings/dghwi2024/24dghwi31.shtml

Veröffentlicht: 7. Februar 2024

© 2024 Dresen et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Gliederung

Text

Hintergrund: Lachgas (N2O) ist ein hoch potentes Treibhausgas, das rund 300 Mal klimaschädlicher ist als CO2. Auch zerstört es die Ozonschicht stärker als jeder andere Stoff seit der strengen Regulierung von FCKW. Nichtsdestotrotz werden insbesondere in den anglo-pazifischen und skandinavischen Ländern, aber seit mehreren Jahren auch wieder vermehrt in einigen Geburtskliniken Deutschlands N2O als Schmerzmittel unter der Geburt angeboten. Mit diesem Verfahren trägt die Geburtshilfe zur Klima- und Umweltkrise bei. Mit Zusage Deutschlands zur Umsetzung des Kyoto-Protokolls und der UN-Agenda 2030 müssen sich Maßnahmen der Gesundheitsversorgung über die bisherigen Qualitätsindikatoren, wie u.a. Evidenzbasierung, hinaus auch an ihrer Nachhaltigkeit messen lassen.

Ziel/Fragestellung: Ziel dieses Beitrags ist es, den Einsatz von N2O-Analgesie in der Geburtshilfe und dessen weitere Verbreitung in Deutschland sorgfältig zu überdenken und alternative Möglichkeiten einer qualitativ hochwertigen Versorgung zu reflektieren. Wie wirksam ist N2O zur Schmerzreduktion? Was sind die Vor- und Nachteile dieser Methode, und wie verhält sich ihr CO2-Fussabdruck im Vergleich zu den anderen schmerztherapeutischen Verfahren.

Methodik: Zur Beantwortung dieser Fragestellungen wurde der aktuelle Forschungsstand zur Wirksamkeit sowie den Vor- und Nachteilen von N2O als geburtshilfliche Schmerztherapie anhand einer umfassenden Literaturrecherche erfasst. Darüber hinaus wurde eine von Pinder et al. (2022) durchgeführte Anwendungsstudie zur sog. N2O-Destruktion (engl. „Cracking“), die zum Ziel hat die klima- und gesundheitsschädigende Wirkung von N2O zu reduzieren, kritisch beleuchtet. Des Weiteren wurde der CO2-Fussabdruck verschiedener geburtshilflicher Verfahren zur Schmerzbewältigung anhand von Life-Cycle-Analysen verglichen.

Ergebnisse: N2O ist auch trotz Anwendung neuer Cracking-Verfahren die klimaschädlichste Lösung und hat in klinischen Studien seine schmerzlindernde Wirksamkeit nicht hinreichend bewiesen. Die Nutzung von inhalativem N2O unter Geburt ist folglich nicht empfehlenswert. Es bedarf einer zugewandten, menschenwürdigen, evidenzbasierten, wirksamen und nachhaltigen Versorgung der Gebärenden und der Neugeborenen durch die begleitenden Hebammen und Geburtshelfer.

Relevanz: Die Klima- und Umweltkrise hat vielfältige und schwerwiegende Folgen für die reproduktive Gesundheit. Die FIGO (International Federation of Gynecology and Obstetrics) und der ICM (International Confederation of Midwives) wie auch zahlreiche weitere einflussreiche Institutionen rufen dazu auf, die Gesundheitssysteme unverzüglich nachhaltig zu gestalten. Insofern ist es auch Gesundheitsakteuren der Geburtshilfe geboten klimaschädigende Versorgungs- und Behandlungsmethoden zu vermeiden und wirkungsvolle Alternativen zu nutzen.

Schlussfolgerung/Handlungsempfehlung: Hebammen und Gynäkolog*innen wie auch Schwangere und Gebärende sind über die Wirksamkeit, die Nebenwirkungen und den klima- und ozonschädigenden Effekt von N2O aufzuklären. Empfohlen wird komplett auf N2O zu verzichten. Die entsprechenden Leitlinien, Aufklärungsbögen und SOPs in den Geburtskliniken sollten diesem aktuellen Wissensstand angepasst werden. Besteht in einzelnen Situationen eine Kontraindikation für die Anwendung einer PDA und einer Remifentanil-PCA, sollte die Dauer des N2O-Gebrauchs auf das Minimum reduziert werden und es könnte ggf. das N2O-Destruktionsverfahren zum Einsatz kommen.

Ethik und Interessenkonflikte: Es war nicht notwendig, die Forschungsarbeit einer Ethikkommission vorzulegen. Die Forschung wurde durch Eigenmittel finanziert. Es liegen keine Interessenkonflikte vor.